Unzählige Neuigkeiten kommen uns quasi nebenbei unter - ein Luxus, an den wir uns gewöhnt haben. Dementsprechend übel schauen die
Entzugserscheinungen aus, wenn man nicht permanent im Informationsfluss fischen kann. Aber gegen die
Angst, etwas zu verpassen gib es ein höchst wirksames Hausmittel, welches in jedem Haushalt Österreichs zu finden ist. Verpasst also nicht, warum man wieder etwas verpassen darf!
Jeden Tag prasseln unzählige Inhalte auf mich ein: meine YouTube-Abos, die Posts auf Reddit, Tweets, hier und da die neuen Filme und Serien auf Netflix und natürlich dürfen die RSS-Feeds diverser Nachrichten-Seiten nicht fehlen. Etwas tatsächlich zu verpassen, wird immer schwerer. Man muss sich schon richtiggehend bemühen, um eine Nachricht nicht zu erhalten. Eigentlich ist das ja genau das, was ich mir vom Internet erwarte: die
automatisierte Übermittlung von Inhalten. Ich muss mir keine Gedanken mehr machen, auf welche Seiten ich schaue - ein halbes Dutzend Klicks genügt, um sämtliche Informationen zu erhalten, die mich interessieren. Von da an ist die weitere Recherche zu wasauchimmer ein Kinderspiel.
Leider hat diese Art des Medienkonsums auch einen kleinen Nachteil: Er geht einem schnell ab. Es reichen ein paar Tage Urlaub, bei denen man keinen Rechner, kein Handy und somit kein Internet hat und schon ist der
Nachholbedarf groß. Die YouTube-Abos stapeln sich, Reddit hat einen neuen Insider-Witz, den man nicht auf Anhieb versteht, man hat etwas Interessantes in den Nachrichten verpasst und die gefühlte halbe Welt hat bereits die ganze Staffel der einen Netflix-Serie fertig geschaut. Ausklinken bedeutet heutzutage, einen Rückstand aufzubauen. Das kann sich in einem Zeitalter, wo Informationsabgleich einen hohen Stellenwert hat, seltsam anfühlen. So mancher Nutzer kriegt es da regelrecht mit der Angst zu tun. Im Englischen hat das Ganze nicht nur einen Namen - nämlich "Fear of missing out", die Angst, etwas zu verpassen - sondern gleich eine passende Abkürzung:
FOMO.
Ein so kleines Zeichen kann schon so viel Unbehagen auslösen... Jetzt gibt es ja schon genug Gründe, Angst zu haben. Der Islamische Staat. Die Überwachung der NSA. Die anhaltende Popularität der Kronen-Zeitung. Bei dieser breiten Auswahl an Fuchterregern brauchen wir doch wirklich nicht unsere Liebe zum Medienkonsum in dieser Liste. Leider bringt der Fakt, dass "eh alles morgen noch da ist" keine Linderung. Schnelllebige Trends und brandaktuelle Neuigkeiten wollen nicht verpasst werden. Im Endeffekt hilft gegen FOMO nur ein österreichisches Hausrezept: das althergebrachte
"ma wurscht", jedoch in homöopathischer Dosis. Wir wollen uns schließlich nicht ganz aus der Medienlandschaft ausklinken sondern lediglich vom stressigen Informations-Sprint zu einem
lässigen Medien-Joggen übergehen. Eine volle Dosis "ma wurscht" wäre in diesem Beispiel das Verzichten auf jegliche Bewegung abgesehen den Griff zum Bier oder wahlweise dem weißen Spritzer.
Wir wollen nur eine hauchdünne Schicht des "ma wurscht"-Balsams auf unserer Seele. Dann kommt auch ganz schnell die Erkenntnis: Es ist in Ordnung, wenn man etwas ein paar Tage später mitbekommt oder gar verpasst. Niemand ist einem böse, die Infos nachholen dauert wenige Minuten (wenn überhaupt) und wenn man etwas nicht kennt wird nicht gleich die nächste Lepra-Station um ein "Dodel-Auffanglager" ergänzt, dessen einziger Patient man ist und dessen Nachbarn einen als Aussätzigen, von dem man bloß fern bleiben sollte, betrachten. Vielleicht könnte das der nächste große Export unseres Landes sein: Entspannung, Gelassenheit und das Comeback der hohen Kunst des Müßigganges.
Wie geht es euch damit - leidet ihr unter massiver FOMO oder seid ihr als Kinder in den "ma wurscht"-Kessel gefallen?
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