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In Your Face Friday - Der Bordcomputer

karlstiefel 12.12.2014 13221 9
Captain Picard hat einen, Tony Stark auch und Michael Knight hatte ja überhaupt den Besten. Ein Bordcomputer macht Raumschiffe, Exoanzüge und - für uns viel relevanter - auch Autos wesentlich besser. Aber warum gehört ein digitaler Helfer noch nicht zur Grundausstattung eines PKWs wenn doch mittlerweile Jeder mit einem Handy zu Fuß unterwegs ist? Schauen wir uns also an, wie Android und iOS es in unsere Wagen schaffen wollen.

Wenn ich in mein Auto - ein VW Polo - steige, dann weiß ich meistens, wohin ich muss. Stets gleiche Pendlerstrecken gibt es für mich als Journalist jedoch wenige. Oft ist das Ziel eine Adresse, die ich das erste Mal aufsuche. Ein dementsprechend großer Segen ist, was sich in Sachen Landkarten in den letzten Jahren getan hat. Während früher (tm) noch Städtekarten gekauft wurden, war ich Teil der ersten Autofahrer-Generation, die ihre Stecken schon online berechnen ließ und anschließend ausdruckte. Mit mehreren A4-Zetteln im Anschlag gab es dann eine analoge Wegbeschreibung mit detaillierten Fahranweisungen.
Wer das notwendige Kleingeld hatte, konnte ein Navigationsgerät mittels Saugnapf auf der richtigen Seite der Windschutzscheibe anbringen. Das war natürlich grandios, zumal man in Echtzeit Anweisungen erhalten, das Fahrziel während der Fahrt ändern und ein zu frühes Abbiegen durch eine neu berechnete Route ausgleichen konnte. Dass die Zukunft der Navigation digital war, schien keine Frage des "ob" mehr, sondern viel mehr des "wann". Auf eine Standard-Lösung waren wir aber noch immer. Ähnlich verhält es sich mit den Autoradios, deren größte Neuerung seit der Einführung eines CD-Players die Ergänzung durch einen USB-Port oder eine 3,5 mm-Buchse scheint. Während 13-Jährige ihre Musik am Handy via Spotify hören, dürfen Erwachsene in ihren Autos zwischen integriertem Dudelfunk oder den CDs im Handschuhfach wählen. Die Integration von einem Musik-Streaming-Service schien den Autoherstellern bisher noch nicht besonders wichtig. Natürlich gibt es Ausnahmen, besonders bei den Karossen der höheren Preisklassen. Ein wirkliches Standard-Feature wie eine Servolenkung oder ein simples Autoradio sind solche Apps aber noch lange nicht. Das könnte sich bald ändern, Apple und Google sei Dank.

Android Auto, die Vision von Google für die Verbindung von PKWs und Handys.


Dank den Android- und iOS-Geräten sollen Autofahrer nämlich bald die selben Möglichkeiten wie Fußgänger haben. 2014 wurden sowohl von Google, als auch von Apple zwei Systeme vorgestellt, die eine Verbindung von Handy und Auto einfach ermöglichen sollen. Sowohl bei Android Auto als auch bei CarPlay finden bekannte Elemente den Weg auf das Armaturenbrett. In beiden Fällen werden die Smartphones mit dem Auto via USB-Kabel verbunden - das größte Peripheriegerät aller Zeiten quasi. Durch die Verbindung werden die gewohnten Icons auf den Bordcomputer portiert. Gesteuert kann das System entweder durch eine zum Standard gewordene Touch-Oberfläche werden - oder dank den Neuerungen der letzten Jahre durch Sprachsteuerung. Das Bedienen des Handys während der Fahrt ist seit 1999 gesetzlich verboten, eine Freisprecheinrichtung fürs Telefonieren ist verpflichtend. Das selbe gilt für das Auswählen von Musik, das Schreiben von SMS und die Bedienung des Navigationsgerätes.

An dieser Stelle ist eine berechtigte Kritik angebracht: Zwar ist es mittlerweile verständlich, dass die mediale Vernetzung vor dem Auto kein Stoppschild antrifft, der Hauptfokus beim Autofahren sollte aber auf eben dem Autofahren liegen. Wenn man sich so manchen Lenker ansieht, benötigt selbst das eine ganze Menge kognitiver Ressourcen. Das Telefonieren, Schreiben von SMS oder das Notieren im Kalender sind selbst mit Sprachsteuerung eine Ablenkung. Die Realität sieht jedoch alles andere als gesetzestreu aus - die Leute telefonieren nun mal eben während sie am Steuer sind. Dass ein integriertes, möglichst zugängliches Interface die Bedienung des angeschlossenen Telefons erleichtert und somit den Griff zum Gerät und somit für die Gesprächsdauer weg vom Lenkrad verhindert, ist somit dennoch ein Vorteil. Dadurch, dass die Symbole, Funktionen und Bedienweisen vom Handy auf ein Display im Sichtfeld des Fahrers übertragen werden, muss nicht erst "umgelernt" werden. Eine mögliche Verbesserung wäre eine Verlagerung des Displays vom Augenwinkel in das direkte Blickfeld des Fahrers. Digitale Anzeigen oder ein holografisches Interface auf der Windschutzscheibe wären hier mögliche Lösungen. Vielleicht ist es aber auch gut, dass dem Fahrzeuglenker nicht immer alle Optionen vor die Nase gehalten werden.

Eine wichtige Sache müssen wir jedoch noch bedenken: Was, wenn der Bordcomputer durchdreht? Es gibt genug Beispiele, die uns vor einem solchen Szenario warnen: 2001, Halo, System Shock, Battlestar Galactica, die Borg von Star Trek. Natürlich sind hier stets fortschrittliche künstliche Intelligenzen am Werk, wir bieten ihnen aber heute schon den Nährboden. Was, wenn das selbstfahrende Auto von Google sich mit Siri zusammentut und die Weltherrschaft plant - nachdem es absichtlich einen Autounfall gebaut und die menschlichen Sklaventreiber beseitigt hat. Gut, das ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber die Gefahren, die mit einer Ablenkung am Steuer einher gehen sind real. Wenn es Smartphones in die Autos schaffen, wird die Ergonomie hoffentlich nicht vom Fahren ablenken. Es bleibt abzuwarten, ob Apple und Google endlich ein System entwickeln, das auch Standards für Betreibssysteme schafft wie es bereits für Handys der Fall ist. Wir können eine Zusammenlegung von Autoradios, Navigationsgeräten und weiteren Features ähnlich wie beim Handy erwarten - dort fanden ja auch zahlreiche Funktionen den Weg in ein Gerät. Wirklich interessant wird es, wenn das erste Windows-Auto auf den Straßen unterwegs sein wird. Statt einem Lenkrad gibt es dann einen Joystick, da Windows 11 für Autos und Flugzeuge ausgelegt ist.

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