Günstige Produkte und Produktkopien aus Fernost finden derzeit reißenden Absatz. Wir haben uns das 10" große
Sanei N10 bestellt, um es als PDF-Reader zu verwenden und berichten, warum wir unsere Investition (noch) nicht bereut haben.
Zum Lesen von bebilderten PDFs oder gar PDF-Lehrbüchern ist ein E-Book-Reader wie der aktuelle (kleine) Kindle schlecht geeignet. Auf Tablets wie einem
ASUS Transformer Prime kann man dank IPS-Display zwar perfekt ablesen, aber wir wollen nur maximal 200 Euro ausgeben. Darum fallen sämtliche im Geizhals-Preisvergleich gelisteten Produkte aus und wir begeben uns in den günstigen Sektor der "China-Tablets". Über die typischen Bezugsquellen wie
Pandawill und
Dealextreme schmökern wir in entsprechenden Produktkategorien und finden bald was wir suchen: ein Tablet mit einem 10"-
IPS-Panel und
1280x800 Bildpunkten, kapazitivem Multitouch, WLAN und
Android 4. Mit diesem Suchraster schränken wir die möglichen Geräte auf wenige Modelle ein - in unserem Fall das
Sanei N10 und das
Ampe A10. Wie bei vielen China-Tablets handelt es sich bei diesen beiden Modellen um das exakt gleiche Gerät, dem nur ein anderer Name aufgedruckt wurde.
Das N10 spiegelt überall an der gläsernen Front ... Spezifikationen des Sanei N10:
- 10,1", 1280x800, IPS, glänzend; schwarzes Gehäuse
- Allwinner A10 mit 1 GHz, 1 GB DDR2, 16 GB Massenspeicher
- Bluetooth, 802.11n WLAN, MicroUSB, MiniHDMI, MicroSD-Slot, Kopfhörerbuchse
- Android 4.0.3 mit Sanei-Frontend (ohne Rootzugriff)
- 589g, 267x168x9,3mm, Akku mit 7000mAh/3,7 V (nominell)
- Zubehör: miniUSB-Kabel, miniUSB-Host-Kabel, Stereokopfhörer; Sonderzubehör: Leder-Hardcover mit integrierter USB-Tastatur, US-Netzteil
... und auf der Rückseite aus Hochglanzplastik. Nachdem wir ein passendes Produkt gefunden haben, suchen wir uns einen
geeigneten Händler. Wir haben es zwar schon bei
Pandawill gefunden, aber eine einfach Google-Recherche hat noch niemandem geschadet. Dabei finden wir schnell auch einen Händler in Deutschland, der für einen deutlichen höheren Preis anbietet, aber das Gerät auch von dort verschickt:
J4Electronics. Da das Tablet keine Weltreise mehr machen muss, gibt es deutlich weniger Risiko beim Einkauf. Außerdem hält sich die Versanddauer in Grenzen und Einfuhrumsatzsteuer und Zoll sind schon erledigt. Zusätzlich bietet der Händler auch eine Garantie von 1 Jahr an und macht sogar vor dem Versand einen Funktionstest mit den Geräten. Die dritte Option finden wir
hier im Forum. Unser aktueller
User of the Month,
c147528, versorgt uns gegen ein kleines Kaffeegeld mit allerlei günstiger Hardware aus Fernost, darunter auch Tablets. Er bietet ebenfalls einen Funktionstest vor dem Versand an und verschickt die Tablets über seine Connections in Fernost via DHL nach Österreich. Obendrein hat er selber schon eine Menge Tablets gesehen und kann etwaige Kunden auch ganz gut beraten. Die Wahl des Händlers fällt uns somit leicht und wir bestellen ein
Sanei N10 bei c142578 für
insgesamt 180 Euro. Bei
J4Electronics hätten wir etwa 240 Euro bezahlt, beim günstigsten Händler etwa 170 Euro inklusive Versand nach .at. Theoretisch könnten wir auch noch zwischen einem schwarzen und einem weißen N10 wählen, entscheiden uns aber dann für das schneller verfügbare Exemplar in glänzendem Schwarz.
Nach
etwa 10 Tagen erreicht uns da Tablet gut verpackt an der Wohnungstür. Im Lieferumfang befindet sich neben dem Tablet inklusive Displayschutzfolie auch Kopfhörer, ein USB-Host-Kabel, sowie ein USB-Ladekabel, ein UK-Netzteil und ein
Leder-Hardcover mit integrierter Tastatur. Ausgepackt wiegt das N10 knappe
600 Gramm und misst
27x18x1cm (auf ganze Zentimeter gerundet). Die komplette Front ist aus Glas, der Rand aus abgerundetem, grauen Hartplastik und die Rückseite aus glänzendem, schwarzen Kunststoff. An Knöpfen bietet das
Sanei N10 nur einen Lautstärkeregler (der sich für Europäer genau verkehrt herum anfühlt, weil man links lauter schaltet) und einen Ein-/Aus-/Standby-Schalter. Bei den Anschlüssen steht je ein Mini-HDMI, Micro-USB, MicroSD-Slot, 5V-Ladebuchse und ein Kopfhörer-Anschluss zur Verfügung.
Alle Anschlüsse konzentrieren sich auf der rechten Seite, die einzigen Bedienelemente sind rechts an der Oberkante. Wie ihr unschwer auf den Fotos erkönnen könnt, ist speziell die
Rückseite nicht besonders kratzresistent. Trotz dieser nur sehr dünnen Plastikrückwand ist die Haptik des Tablets insbesondere für den geringen Preis als gut zu bezeichnen. Etwas Verwindung ist allerdings möglich und die Rückseite greift sich zudem etwas hohl an. Dennoch liegt das Gerät gut in der Hand und lässt sich bequem durch Android 4.0.3 navigieren. Im Gegensatz zu einem Tablet mit Gorilla Glass würden wir das N10 allerdings niemals ohne Schutzhülle in einem Rucksack transportieren - einerseits um keine Kratzer zu riskieren, andererseits wegen der geringeren Bruchfestigkeit. Zum Glück ist ja ein recht stabiles, wenn auch ziemlich dickes Case im Lieferumfang enthalten.
So sieht unser China-Tablet von vorne und hinten aus. Einen kurzen Absatz möchten wir auch noch der Ausstattung bzw. dem Zubehör widmen. Die beiden
Webcams vorne und hinten sind für alles anderes als Videotelefonie
nicht zu gebrauchen - von Auflösung und Qualität erinnern sie an Webcams aus den 90er-Jahren. Auch der Lautsprecher auf der Rückseite ist aufgrund der geringen Lautstärke eher für Videotelefonie und Youtube-Videos geeignet, als für die Wiedergabe eines Filmes. Leider ist auch die
Tonqualität über die Kopfhörerbuchse
nur mäßig (zumindest mit
Ultimate Ears 600vi-Kopfhörern von Logitech). Zum weiteren Lieferumfang zählt ja auch ein Leder-Hardcover mit einer Tastatur. Leider ist sie aufgrund der zu
kleinen Tasten nicht für echte Office-Aufgaben geeignet. Ein weiteres Manko ist, dass sie einen normalen USB-Stecker hat, am Tablet aber nur eine MicroUSB-Buchse ist. Man braucht also stets den USB-Host-Adapter der sich ebenfalls im Lieferumfang befindet. Aber wie heißt es so schön? Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, denn das exzellente
Keyboard Folio Case für das Thinkpad-Tablet kostet bei Lenovo immerhin 100 Euro (und würde nicht zu unserem Tablet passen).
Neben der brauchbaren Haptik und der ordentlichen Verarbeitung interessiert uns aber hauptsächlich die
Performance des Billig-Tablets. Als Betriebssystem dient hier
Android 4.0.3 mit einem vom Hersteller Sanei aufgesetzten Frontend. Entgegen so manchem großen Hersteller ist bei Sanei auch mit relativ häufigen Firmware-Updates zu rechnen - wir haben mittlerweile schon ein Update für das N10 bekommen. Da das N10 gerade erst ein paar Wochen verkauft wird, ist hier auch noch mit entsprechendem Software-Support und daher auch mit tatsächlichen Verbesserungen zu rechnen. Leider scheinen diese Updates im Moment noch notwendig zu sein: So kann man den mitgelieferten Browser mehr oder weniger vergessen und auch mit dem im Playstore verfügbaren Opera wird man nicht ganz glücklich. Zwar wird alles klaglos dargestellt - sogar Flash-Objekte -, doch kommt es beim Laden von mehreren Tabs gleichzeitig immer wieder zu Hängern von mehreren Sekunden. Diese Hänger treten gehäuft auf, wenn man das Tablet aus dem Ruhezustand geweckt hat oder Apps zum ersten Mal aufgerufen werden. Wir glauben (und hoffen natürlich), dass die Hänger eher von einer mäßigen Firmware bzw. dem Sanei-Frontend her rühren und nichts mit der Leistung der Hardware zu tun hat.
Unabhängig davon ist der
Allwinner A10, ein
Cortex A8-Prozessor mit
Mali 400-GPU, kein Rennpferd, auch wenn
FullHD problemlos und
ruckelfrei wiedergegeben wird, egal mit welchem Codec. Mit einem Dualcore kann der effektiv mit 1 GHz getaktete Chip jedoch nicht mithalten. Die Ladegeschwindigkeit beim Surfen mindert neben den Software-bedingten Hängern auch der
schlechte WLAN-Empfang. Schon wenige Meter vom Access Point entfernt fällt die Transfer-Geschwindigkeit deutlich ab (LAN: 35/4 MBit/s; 2,5m: 25/4 MBit/s; 4m + Ziegelwand: 18/4 MBit/s). Mit größerer Entfernung fühlt sich das
Sanei N10 so an, als wäre man eher per 3G als per WLAN verbunden. Im direkten Vergleich mit einem
Samsung Galaxy Note (1280x800, Android 4.0.3, 2x 1,4 GHz, 802.11n bzw. HSPA) zieht es beim Surfen ganz klar den Kürzeren.
Neben der guten Haptik, der (unter-)durchschnittlichen CPU-Leistung und dem mäßigen WLAN-Durchsatz hat das
Sanei N10 - abgesehen vom niedrigen Anschaffungspreis - noch ein
Ass im Ärmel: den Bildschirm. Dank seinem
IPS-Panel bietet der stark spiegelnde 10-Zöller exzellente Blickwinkel, ein gutes Kontrastverhältnis und schöne Farben. Die Helligkeit ist selbst bei der minimalen Stufe problemlos für den Indoorbetrieb geeignet und auf maximaler Stufe kann man
sogar bei direkter Sonneneinstrahlung sein Tablet verwenden. An Schwarzwert und Ausleuchtung gibt es ebenfalls wenig zu bekritteln. Selbst den Vergleich mit dem SuperAMOLED unseres
Galaxy Note muss es in keinerlei Hinsicht scheuen.
Die minimale und die maximale Helligkeitsstufe des Displays im Vergleich. Leider schlägt sich die große Helligkeit auch auf die Akkulaufzeit nieder. Bei
maximaler Helligkeit und Surfen über WLAN wird es schon nach
drei Stunden knapp. Hat man dann auch noch den 3G-Stick am USB-Host angesteckt und installiert hie und da ein paar Apps, dann verringert sich die Akkulaufzeit auf etwa zwei Stunden. Dreht man die Helligkeit ganz zurück und liest nur PDFs, kommen wir auf ungefähr vier Stunden. Gut ist dafür die Laufzeit im
Standby, wo das Tablet selbst nach mehreren Tagen noch zum Leben erweckt werden kann. Bei gelegentlicher Nutzung muss das Tablet also nur sehr selten an die Box. Das Laden des Lithium-Polymer Akkus mit nominell 7000 mAh und 3,7 V läuft sowohl via USB-Ladegerät bei 5 Watt, als auch via mitgeliefertem 5-V-Ladegerät verdächtig schnell. Lediglich der Schritt von 99 auf 100% dauert unverhältnismäßig lange. Diese beiden Beobachtungen sprechen für einen
nicht optimal kalibrierten Akku und damit möglicherweise noch bessere Akkulaufzeiten nach einigen Malen Aufladen.
Auch bei extremen Blickwinkeln bleibt das Kontrastverhältnis IPS-typisch sehr gut. "Sometimes you just get what you pay for." trifft es als Kurzfazit wohl ganz gut. Mit der aktuellen Generation an Dualcore- und Quadcore-Tablets kann das
Sanei N10 in punkto Leistung und Akkulaufzeit auf keinen Fall mithalten. Dafür kommt es preislich mit seinen
180 Euro nur auf einen Bruchteil der Anschaffungskosten und bietet trotzdem einen wirklich
exzellenten Bildschirm. Außerdem ist es leichter und flacher als viele Tablets mit Vielkern-Prozessoren und hat eine für den Preis recht ordentliche Verarbeitung. Eventuelle Performance-Verbesserungen durch Updates, Overclocking oder ein Custom-ROM wären auf jeden Fall gerne gesehen.
Seinen geplanten
Einsatzzweck als PDF-Lesegerät mit gutem Bildschirm erfüllt das
Sanei N10 aber auch im Werkszustand mit Bravour. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es im Bereich der China-Tablets schon zu den hochpreisigen Geräten gehört. Für mehr CPU-Leistung muss man auch in Fernost dann nochmal etwa 50 Euro drauflegen, um ein Dualcore-Tablet wie das
Cube U30GT zu bekommen. Damit befindet man sich aber auch klar im Bereich von Demogeräten, Garantierückläufern und jungen Gebrauchten à lá
ASUS Transformer, dem Lenovo Thinkpad-Tablet oder auch günstigen, auf Geizhals gelisteten Dualcore-Tablets.
Somit stellt sich die entscheidende Frage, ob sich die
Bestellung aus Fernost lohnt. Ein Garantieaustausch wäre zwar theoretisch möglich, zahlt sich aber mehr oder weniger nur bei einem Totalschaden aus, da der Versand pro Richtung etwa 30 Euro kostet. Unsere Empfehlung lautet daher wie folgt: Das
Sanei N10 ist ein wirklich gutes Tablet für den Preis von 180 Euro, mehr als 200 Euro inklusive Versandkosten würden wir jedoch auf keinen Fall für ein Fernost-Tablet bezahlen. Sollte euch die Leistung eines
Allwinner A10 nicht reichen, raten wir lieber gleich dazu, 100 Euro mehr auszugeben und ein gebrauchtes Dualcore-Tablet in Europa zu kaufen.
Als Overclocker geben wir uns natürlich nicht mit einem Produkt im Auslieferungszustand zufrieden! Darum kommt hier nach dem Fazit noch ein kleiner Anhang mit Tipps und Tricks, wie man die Leistung verbessern kann. Zuerst würden wir euch dringend anraten, den Sanei-Launcher mit einem
anderen Launcher wie zum Beispiel
Apex zu ersetzen. Dadurch fühlt sich das Tablet deutlich schneller an und die Oberfläche ist auch schlanker. Abgesehen davon hat uns Sanei beim N10 leider noch ein weiteres Ei gelegt: Eine Vielzahl an wichtigen Apps, wie etwa Youtube, ist über den Play-Store nicht installierbar. Das nervt und lässt sich ohne Root-Zugriff auch nicht beheben. Als Workaround könnt ihr die entsprechenden Apps auch als .apk herunterladen und vom Speichermedium installieren. So bekommt man zum Beispiel ein 720p-fähiges
Youtube-App bei den
XDA-Developers und den cleveren
ES File Explorer mit Zugriffen auf Windows-Freigaben bei
EStrongs.
Videos sehen nicht nur im Vimeo-App gut aus. Wollt ihr tiefer ins System eingreifen, bietet sich mittlerweile auch am Sanei N10 die Möglichkeit für einen Rootzugriff an. Dazu ladet ihr zunächst unter
diesem Link das 28 MB große Archiv herunter. Danach installiert ihr die ADB-Treiber und versetzt das Tablet in den Entwickleroptionen in den USB-Debug-Modus, sodass beim Laden ständig der Bildschirm aktiv ist. Anschließend verbindet ihr das Tablet via USB mit dem PC und startet die "RunME.bat". Leider funktioniert am N10 nur Schritt 2, der aber separat über die Auswahl "2" gestartet werden kann. Dabei startet das Tablet neu und ist nach dem letzten Neustart fortan
gerootet.
Mit dem Root-Zugriff könnt ihr dann auch die "build.prop" verändern, mit der der Hersteller dem Play-Store mitteilt, welche Apps auf eurem Tablet laufen dürfen. Wir verwenden dafür die im Play-Store erhältliche App
Allwinner Mod, mit der wir das Tablet als
Motorola Xoom,
Samsung Galaxy S I und
S II erscheinen lassen können (und obendrein die Belegung der Hardware-Tasten verändern). Wir wählen als "build.prop" das
Galaxy S II aus und ändern die für Mitteleuropäer unlogische Belegung der Lautstärketasten. Ein Traum!
Der letzte und unserer Meinung nach wichtigste Vorteil des Rootzugriffs ist das
Overclocking. Sanei verspricht zwar mit dem N10 einen
Allwinner A10 mit bis zu 1,5 GHz, doch in der Realität ist der Prozessor bei sämtlichen Chinatablets auf 1008 MHz beschränkt. Mit dem Overclocking-Tool
Antutu CPU Master Free können wir kostenlos die künstlich limitierte Taktfrequenz erhöhen. Die Stufen sind mit etwa 50 MHz zwar ziemlich groß, dafür gibt es auch gleich einen integrierten Benchmark, den man als Stabilitätstest missbrauchen kann. Unser maximal erreichter, stabiler Takt liegt bei
1104 MHz oder knapp
10% über dem Werkszustand. Der Akkulaufzeit schaden die 10% zum Glück nur wenig, da die Spannung nicht erhöht wird und die CPU bei unserer Nutzung nur jeweils kurz auf maximaler Frequenz läuft. In der Praxis macht die Übertaktung allerdings einen
spürbaren Unterschied! Das Browsen geht nun deutlich schneller von der Hand, die Seitenwechsel in riesigen PDFs wurden ebenfalls beschleunigt. Somit können wir euch nur dringend anraten, an eurem China-Tablet selbst Hand anzulegen und mit geringem Arbeitsaufwand diesen deutlichen Mehrwert zu erreichen.
Sollten wir noch weitere Tricks oder eventuell sogar
Custom ROMs finden, werden wir euch natürlich hier am Laufenden halten. Unser nächste Optimierung haben wir übrigens schon im Auge: Wir wollen uns das
hier angekündigte Hersteller-ROM mit
Android 4.0.4 zur Brust nehmen.
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