Liebes Fernsehen, du langweilst mich. Es ist immer dasselbe mit dir - obwohl es schön wäre, wenn es wirklich dasselbe wäre. Seit der Mitte des vergangenen Jahrzehnts ist das Fernsehprogramm in einer Dauerschleife hängen geblieben. Einst innovative Ideen sind heute ausgelutscht und schlichtweg langweilig. Die Wiederholung wurde zum Programmkonzept.
Wir schalten den Fernseher ein und es läuft Deutschland sucht den Superstar, Popstars, Germany’s next Top Model und Ich bin ein Star, holt mich hier raus! Dass die Sendungen der deutschen Privatsender absoluter Schrott sind und nicht einmal mehr unsere heimischen Sender da mithalten können, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Aber das Schlimmste ist, dass die beschriebene Programme ja mittlerweile schon seit 2006 in identischer Form laufen. Vor fünf Jahren hat das Fernsehen einen traurigen Höhepunkt erreicht, an dem es bis heute festhält.
Senderbestimmung leicht gemacht. Glaubt ihr nicht? Probiert es aus!
Der absolute Fixpunkt der Programmgestaltung ist die Castingshow. Mit dem Versprechen von Ruhm und Karriere im Show-Business werden immer wieder tausende Kandidaten mobilisiert. So erzeugt sich dieses Format quasi von alleine - fast wie bei Facebook. Der angebotene Inhalt sind die kostengünstigen Teilnehmer und deren Darstellung. Besonders perfide macht es ja Deutschland sucht den Superstar, in dem man sich einer mehr als fragwürdigen Jury stellen muss. Ekelpaket Dieter Bohlen beleidigt die oftmals untalentierten Sänger, die ihre Würde gegen 15 Sekunden Ruhm am Eingang eingetauscht haben. Die Regie tut ihr Übriges und schneidet die peinlichsten Momente perfekt zusammen. Fremdschämen leicht gemacht. Im weiteren Verlauf der Show geht es um einen Wettbewerb, wer am wenigsten unbeliebt ist. Eine wirkliche Talentsuche sieht anders aus.
Wer Bohlen länger als eine Minute ohne Hassgefühle anschauen kann, dem widme ich den nächsten IyFF!
Respektvoller aber nicht weniger ausgelutscht ist The Voice of Germany, wo zumindest versucht wird, das Talent der Teilnehmer in den Mittelpunkt zu rücken. Wer keine “Musik” mag, der kann ja Heidi Klumm zuschauen, wie sie Magersucht und Tussiwerte unters Volk bringt. Bei uns wurden bisher mit Starmania, Helden von morgen und Die große Chance einige mehr oder weniger erfolgreichen Gegenkonzepte am ORF gezeigt. Aber ganz ehrlich: Mir hängen Castings zum Hals hinaus. Mittlerweile castet Michael Bully Herwig die Besetzung für seine Filme, ein Tarzan wurde über dieses Format für ein Musical in Hamburg gefunden und Deutschland produziert seine Hitlieferanten für den Songkompost äh -contest nur mehr mit der Hilfe von Stefan Raab.
Stefan Raab hat ein echtes Talent zur Talentsuche, wie er mit Lena Meyer-Landrut bewiesen hat.
Aber genug über Casting-Blödsinn! Ich sage euch jetzt, was mir wirklich auf der LCD-Mattscheibe fehlt. Gute Cartoons. Nein ernsthaft, wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann tut mir jeder leid, der nach 1990 gebohren ist. Als Jahrgang 86 habe ich das wohl beste Kinder-Programm aller Zeiten erleben dürfen. Ein Zeichentrick-Feuerwerk aus Gummibären Bande, Darkwing Duck, den Galaxy Rangers, Marshall Bravesstar und den Turtles füllte meinen Sonntag Vormittag. Es war ein wöchentlicher Fixtermin vor der Zauberkiste. Die “Kunst der Vormittags-Cartoons” wurde in den 90ern in höchster Form praktiziert, ging jedoch leider mit der Zeit verloren. So fein auch ein Fernsehsender wie Nickelodeon ist, so schwach ist dessen Programm. Hanna Montana? iCarly? Manchmal fällt es mir schwer, zu glauben, dass die Kinder von heute so etwas wirklich gerne schauen. Vielleicht werde ich auch einfach nur alt. Egal, hauptsache ich weiß, wie gutes Fernsehen einst ausgesehen hat. Das werde ich dann meinen Kindern nämlich ständig unter die Nase reiben!