Jaaa, er tritt den Ball zu seinem Mitspieler. Der tritt ebenfalls den Ball. Oh, jetzt versucht jemand vom anderen Team, den Ball zu treten! Ein Konzept, das Millionen begeistert. Wenn das jetzt noch autonome Roboter und Laserwaffen hätte, würde es die beste Sportart der Welt sein. Daran arbeiten die Teilnehmer beim Roboter-Fußball, bei dem es nicht unbedingt um das beste Team geht. Denn während die echten Spieler sich nach den 90 Minuten mit Steuerhinterziehung die Zeit vertreiben, machen die Roboter vielleicht etwas Sinnvolles.
Die Fußballweltmeisterschaft 2050, veranstaltet von der Hyper-FIFA, die aus den einstigen Trümmern der Vorgänger-Organisation empor gestiegen ist, hat ihren Höhepunkt erreicht. Sieger in den Kategorien "Pfusch beim Stadion-Bau" und "Bestechung" stehen bereits fest, letzteres hat nach spontanen und unerwarteten Wendungen mit den Englischen Emiraten einen neuen Champion. Nun laufen die Spieler beim Finale des eigentlichen Fußball-Spiels ein. Für Brasilien sind die Ronaldos mit den Seriennummern 2, 5 und 8, Multi-Pepe trotz Verletzung an seinem zweiten Kopf und der genetisch frisch angepasste Emanuel im Kader. Und hier kommt die Gegenseite vom CERN aufs Spielfeld: Ballbot 20-50/01 bis 20-50/11. Es wird ein spannendes Match, bei dem endlich entschieden wird, ob Menschen oder Maschinen besser im Ballsport sind. Gut, diese Vision war vielleicht etwas übertrieben. Aber so abwegig ist das Match Mensch gegen Maschine garnicht. Zumal nicht nur Millionäre in Pyjamas einem Ball hinterher laufen, sondern seit 1996 auch Roboter. Damals fand nämlich im südkoreanischen Daejeon die erste Weltmeisterschaft im Roboter-Fußball statt. Klingt witzig, ist es auch. Man stelle sich kleine, ungelenke Maschinen vor, die übers miniaturisierte Spielfeld humpeln. In einer anderen Liga flitzen die Roomba-Opas einem Tischtennis-Ball hinterher. Putzig! Mittlerweile haben sich sogar zwei Liegen gebildet, bei der Technik-Bastler und Universitäten aus aller Welt beteiligt sind: die Federation of International Robot-soccer Association (FIRA) und der RoboCup. Beide veranstalten jährlich Wettkämpfe in unterschiedlichen Disziplinen, wobei sich viele davon um Fußball drehen. In der simpelsten Variante treten keine Roboter, sondern Programme auf einem zweidimensionalen Spielfeld gegeneinander an. Das gibt es dann auch in 3D mit einer Physik-Engine. Wesentlich greifbarer sind die Roboter, die in unterschiedlichen Größen - quasi Gewichtsklassen - spielen. Das reicht vom kleinen Würfel auf Rädern bis hin zu humanoiden Bots. Bis sie die Größe eines Menschen erreichen, geschweige denn dessen Geschwindigkeit oder Beweglichkeit, wird noch etwas Zeit vergehen. Da hört es sich aber nicht auf: Zum Fußball gibt es noch einen Feuerwehr-Wettbewerb und einen Nebenjob im Amazon-Lager dazu. Die Roboter treten nämlich auch in Kategorien wie "Rescue" oder "Logistics" an. Dabei geht es nicht mehr um das Nachbilden eines Mannschaftssports, sondern um das koordinierte Ausführen einer dynamischen Situation als Gruppe. Eigentlich eh das, was beim Ballsport geübt wurde.
WM-Finale. Mit Robotern. Brauchts noch mehr?
Im Endeffekt könnten die Roboter sich auch Calcio Fiorentino üben (was unheimlich cool wäre), der nachgestellte Sport ist vollkommen austauschbar. Worauf es wirklich ankommt ist kein Titel, keine Fan-Gesänge und kein prestigeträchtiger Gewinn. Das eigentliche Ziel ist nämlich, als Entwickler der "Spieler" besser zu werden. Um am Spielfeld nicht einfach umzufallen oder ineinander zu rennen, braucht es nämlich einiges: präzise Robotik, adaptives Schwarmverhalten, vorausschauende Pfadplanung, um nur ein paar Herausforderungen zu nennen. Alles Aspekte, die auf andere Szenarien umgemünzt werden können. Wenn ein Roboter einem Ball hinterher sprinten und über einen grätschenden Gegner springen kann, kann er sich auch durch ein eingestürztes Haus bewegen und Verletzte suchen. Die beim Roboter-Fußball gewonnenen Erkenntnisse werden durch den Praxis-Einsatz in einem planbaren Umfeld gewonnen. Eine spielerisch gestaltete Petrischale für Technologien, die mehr werden können. Das heißt allerdings nicht, dass die Entwickler keinen sportlichen Ehrgeiz an den Tag legen. Bis 2050 wollen die Liegen nämlich das anfangs beschriebene Szenario (oder zumindest eine weniger bizarre Version davon) in die Realität umsetzen. Spätestens dann sollen nämlich Roboter eine reale Chance gegen echte Menschen beim Fußball haben. Noch sind die Geräte weit davon entfernt, gegen Profi-Sportler antreten zu können. Aber wenn die Ambitionen ernst genommen und die Entwicklung vorangetrieben werden, könnten wir noch zu Lebzeiten sehen, wie ein Team am Spielfeld programmiert ist. Wenn die robotischen Elf dann auch noch gut spielen, könnten zwischen dem ersten Schach-Meister aus ihren Reihen, der 1996 den damaligen Weltmeister Garri Kasparow schlug, bis zum WM-Triumph im Fußball nur 54 Jahre vergangen sein. Spätestens dann werden Trikots mit Binär-Namen endlich in sein.
Intro-Bild von Ann Wuyts, verwendet unter Creative Commons Lizenz.