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In Your Face Friday - Da oben

karlstiefel 05.08.2016 22485 10
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Der Blick zu den Sternen hat die Menschheit seit Urzeiten fasziniert. Wir sahen Götter wo Sonnen sind, verehrten die Sonne und den Mond. Während frühe Astronomen noch aus praktischen Gründen verstehen wollten, was jenseits unseres Planeten abgeht, ist die Erforschung des Weltalls immer abstrakter geworden - und spektakulärer. So, wie das Hubble Teleskop andere Galaxien anschaut, schauen wir uns jetzt die kurze Geschichte der Weltraumerkundung an. Eine Reise, die uns von der Religion zur Wissenschaft führen wird.

Es liegt schon ein bisschen zurück - knapp 13.000 Jahre - da war das Leben ein wenig anders. Statt Angestellte und Arbeiter waren wir Jäger und Sammler, unsere Arbeitszeit wurde vom Tag/Nachtwechsel bestimmt. Und da damals das Geld noch nicht erfunden war, konnte niemand die Stromrechnung bezahlen, weshalb es nachts dunkel blieb. Dementsprechend gut konnten die Leute damals in den Himmel schauen und die Sterne sehen. In der Jungsteinzeit haben sich auch die ersten Kalender - damals noch auf den Mond bezogen - entwickelt. Diese ersten Zeitmessungen sollten die Grundlage für den Ackerbau und somit für die Grundlage unserer Zivilisation darstellen. Neben den naheliegenden Himmelskörpern - Sonne und Mond - wurden auch die Sterne genau beobachtet. Eine Tradition, die wir heute mit anderen Mitteln noch weiterführen.
Aber bis zum Hubble-Teleskop war es noch ein weiter Weg. Viel Pionierarbeit wurde vor 5.000 Jahren im antiken Ägypten geleistet: Um das Hochwasser des Nil vorhersagen zu können, wurde der Stand von zwölf Sternen observiert. Das Dutzend Lichter wurde so wichtig, dass sie nach Göttern benannt worden. Der Kult um die "zwölf Wächter des Nachthimmels" wurde so groß, dass Gebäude mit großer Symbolkraft, wie etwa die Pyramiden von Gizeh, gleich angeordnet wurden wie die Sternenformationen. Kurzum: Astronomie war das Pokémon Go des alten Ägypten.
Etwas praktischer als kolossale Pharaonengräber war die Dokumentation der Sternenbeobachtung in Mesopotamien. Auf Tontafeln wurde deren Wissen festgehalten. In Babylon gab es nicht nur schon Tablets, sondern auch das 360° System, das wir heute noch verwenden, stammt von dort und diente der Bestimmung vom aktuellen Stand von Sternen. Auch hier war der Kult allgegenwärtig: Die Monate der mesopotamischen Kultur waren nach Sternbildern benannt.
Danach sind eh schon die Griechen am Start. Die haben einen Gang hochgeschaltet und die ersten Maschinen zum Beobachten der Sterne gebaut. Geile Sache. Durch die Forschung wurde bald klar, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht anders rum. Außerdem wurde die etwaige Größe der Welt mathematisch erörtert, wobei der Sonnenstand und die Sterne dazu verwendet wurden. Die Römer fanden das dermaßen leiwand, dass sie das ganze Wissen 1:1 übernommen und ihrer Bedürfnisse angepasst haben. Wie schon zuvor wurden die Gestirne nach Göttern benannt. So kommt es auch, dass sie den griechischen Zeus einfach in Jupiter umbenannt haben, der mit seinen Liebschaften Io, Europa und Kallisto (den Monden des Planeten) chillt. Neulich wurde eine Sonde namens Juno geschickt - benannt nach der Ehefrau von Jupiter. Das gibt Ärger. Unterdessen waren auch die Chinesen schon sternenkundig aber nicht sehr entspannt. Einer Geschichte zufolge wurden zwei Astronomen geköpft, weil sie eine Sonnenfinsternis nicht vorhersagten.
Plötzlich war Mittelalter. Da war was Anderes gerade im Trend - Kreuzzüge zum Beispiel. Zunächst wurde die Sternenbeobachtung nur für praktische Zwecke verwendet, wie etwa die Bestimmung des Oster-Datums. 1453 haben wir es der Welt mal wieder gezeigt und den ersten Lehrstuhl der Welt für Astronomie in der Universität Wien eingeführt. Die muslimischen Gelehrten konnten damals über sowas sicher nur lachen - schließlich war die Wissenschaft bei ihnen Allgemeinwissen unter Akademikern. Kein Wunder also, dass die von ihnen erstellten Sternkataloge noch heute verwendbar sind.

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Christiaan Huygens war bereits am richtigen Weg, die Form des Saturn zu beschreiben. Ringe um einen Planeten war damals ein neues Konzept.

Ab der Renaissance ging es ordentlich weiter: zunächst Fernrohre und anschließend komplexere Teleskope wurden vermehrt eingesetzt, die Dokumentation wurde wieder genauer. Gelehrte wie Galileo Galilei nahmen das bekannte Wissen her und machten es präziser. Es ging Schlag auf Schlag: Johannes Kepler, Christiaan Huygens und Isaac Newton legten das Fundament für die Astrophysik. Ole Rømer definierte die Lichtgeschwindigkeit. Charles Messier entdeckte Nebel-Strukturen. Edmond Halley hatte den Dreh mit den Kometen heraus.
Damit wären wir quasi in der Moderne - und im Zeitalter, in dem wir den Sternen näher sind als jemals zuvor. Edwin Hubble bewies, dass es andere Galaxien gibt, Georges Lemaître bemerkte, dass sich das Universum ausdehnt. Die seit den 30er Jahren verwendeten Radioteleskope sprengten die Grenzen von dem für uns sichtbaren Farbspektrum und machte das einstmals Unsichtbare klar und deutlich sichtbar. 1957 trat der Satellit Sputnik in eine Erdumlaufbahn ein, 1961 wurde Juri Gagarin der erste Mensch im Weltall. Sieben Jahre später flog mit dem "Radio Astronomy Explorer" das erste Weltraumteleskop in Richtung Mond. Auf dessen Rückseite konnte die Anlage ungestört von der irdischen Hintergrundstrahlung ins Weltall schauen. Diese Strahlung ist ein ernsthaftes Problem - innerhalb unserer Atmosphäre geht nämlich permanent eine Partikel- und Strahlungs-Party der Sonderklasse ab. Wenn man als Teleskop da mal eine Ruhe haben möchte, ist das ziemlich störend. Deshalb werden Satelliten-Anlagen wie das Hubble Teleskop auch im erdnahen Orbit gehalten - dort ist es etwas ruhiger.
Mit der Voyager 1 ist 1977 das erste von Menschen geschaffene Objekt gestartet worden, das 2012 die "Heliopause" - die maximale Reichweite der Sonnenwinde - überschritten hat und somit in den interstellaren Raum eingetreten ist. Oder anders gesagt: Die Voyager 1 Sonde ist das am weitesten entfernte Objekt, das jemals die Erde verlassen hat. Bis 2025 wird dieses Auge aufs Weltall noch Informationen sammeln und senden. In 520 Jahren wird sie die Oortsche Wolke (eine Partikelwolke, die sich in hohem Abstand rund um Sterne formt) erreichen, in 17.500 Jahren wird sie ein Lichtjahr zurückgelegt haben und in 56.000 Jahren wird sie den Gravitationsbereich der Sonne verlassen haben. Vielleicht findet sie ja wer.
Aktuell wird nach immer genaueren Informationen zu immer kleineren Objekten gesucht. Wobei "klein" hier "Planetengröße" bedeutet. Mittlerweile sind über 3.400 Exoplaneten bekannt, wobei 2016 ein geiles Jahr für Astronomen mit diesem Fachgebiet war - es wurden dieses Jahr bislang mehr als 1.300 Kandidaten für den Planeten-Status gefunden. Manche davon, so schätzt man, befinden sich sogar in der "bewohnbaren Zone" ihrer Sonne, wo Wasser flüssig sein kann. In Kombination mit der passenden Masse und dem Vorhandensein einer Atmosphäre und eines Magnetfeldes haben wir es mit Exo-Erden zu tun - Planeten, die wir theoretisch bewohnen könnten. Oder die bewohnt sein könnten.
Und was haben wir davon? Die Möglichkeit, mehr über unser Universum und dessen Ursprünge zu erfahren. Zumal das Erlangen dieses Wissens ein Ablaufdatum hat. Zwar beträgt diese noch mehrere Milliarden Jahre - doch wird der Zeitpunkt kommen, an dem entweder unsere Nachfahren oder andere Wesen im lokalen Cluster, dem unsere Galaxie angehört, in die Weiten des Weltalls schauen werden, nur um unendliche Leere zu sehen. Da sich das Universum ausdehnt, bewegen sich andere galaktische Strukturen voneinander weg. Das wird langfristig dazu führen, dass uns das Licht dieser fernen Sterne nicht mehr erreichen wird. Wer auch immer dann in ein Teleskop schauen wird, kann nichts mehr entdecken. Nur absolute Leere, wo einst ein Lichtermeer strahlte. Es wäre also eine verschwendete Gelegenheit, wenn wir heute - oder zumindest innerhalb der nächsten Milliarden Jahre - das Universum observieren. Also: Fahrt mal wieder aufs Land, wo die Lichtverschmutzung geringer ist und schaut nach oben, wo winzig kleine Lichter die Geschichten von uralten Sonnen, entfernten Galaxien und unglaublichen Distanzen erzählen.

Into-Bild: NASA, verwendet unter Creative Commons Lizenz.
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