Ein USB-Stick gehört mittlerweile zur Standard-Ausstattung jedes Geeks. Aber haben die Flash-Speicher noch eine Zukunft oder gehört diese der Cloud? Machen wir einen Schwenk durch die Welt der Datenträger, die meistens erst auf den dritten Versuch hin in den USB-Port passen. Vielleicht findet sich ja noch eine Verwendung für die Nachwuchs-Festplatten, wenn unsere Daten gasförmig geworden sind.
Als ich in der Oberstufe war, besuchte ich eine Laptop-Klasse. Ab 2002 hatte ich also einen "Arbeits"-Rechner, der noch mit einem Diskettenlaufwerk ausgestattet war. Zum schnellen Austausch der Hausaufgaben untereinander reichte das vollkommen aus. Wirklich Fahrt in die Sache brachte die Investition in einen USB-Stick, der damals unfassbare 64 Megbyte speichern konnte. Dass der mit Hausaufgaben, Filmen und Flash-Spielen öfters mal die Runde machte, wunderte mich nicht. Seither sind die Sticks kleiner, günstiger und wesentlich geräumiger geworden. In meiner Arbeitstasche befindet sich immer ein Stick, auf meinem Schlüsselbund war auch eine Mini-Version davon - bis diese einen neuen Rekord in "Verstecken" aufstellen wollte. Ich suche immer noch. Lange Zeit - und heute immer noch aber dazu später - waren zunächst CDs und anschließend DVDs mit höheren Speicherkapazitäten gesegnet. Musiksammlungen, Urlaubsfotos und Spiele wurden natürlich auf einen solchen Datenträger gebrannt, wenn man sie sichern wollte. Stolze 700 MB bis 4,7 GB an wertvollen Medien fanden auf den Scheiben ihren Platz. Ob die Besitzer sie sorgfältig in selbst beschrifteten und dekorierten Cases verstaute oder ob ein Stapel unmarkierter CDs in der Hosentasche mitgeführt wurde, variierte. Wichtig war, dass die Inhalte wie in Stein gemeißelt waren. Im Gegensatz zu den aus der Mode gekommenen Disketten und den noch nicht ganz akzeptierten USB-Sticks war auf einer Disc ein Inhalt zu finden. Die Scheiben hatten also einen gewissen Archiv-Charakter. Derselbe Effekt ließ sich mit Flash-Speichern noch nicht erreichen, dazu mangelte es noch zu oft am verfügbaren Speicherplatz. Zu diesem Zweck musste eine externe Festplatte her. Die war aber klobig und brauchte einen Stromanschluss. Außerdem konnten die gespeicherten Daten auch wieder gelöscht werden, die Daten war also nur einen falschen Klick vom Löschen entfernt. Ein vernünftiger DVD-Brenner war lange Zeit also die sinnvollere Investition. Dann führten günstigere Preise und größere Speichervolumen bei den Sticks zu einem Umdenken. Statt auf die gefühlte Sicherheit der CDs/DVDs setzten viele Nutzer lieber auf die Flexibilität von Flash-Speichern. Was zu Beginn meiner computergestützten Schulzeit noch außergewöhnlich war, wurde zum Zeitpunkt meiner Matura zur Normalität: Man hatte einen USB-Stick. Diese lagen in allen Formen, Farben und Größen auf den Schulbänken - schließlich wollte man nicht versehentlich den Falschen einstecken. Seither sind doch ein paar Jahre ins Land gezogen, die Zahlen auf den Sticks sind größer geworden. Der Speicherplatz, den ich auf der Festplatte meines ersten Laptops hatte, trage ich heute in meiner Hosentasche mit mir.
The Fappening - vielleicht doch nur ein genialer Marketing-Gag für den Film "Sex Tape"?
Nun leben wir in einem Zeitalter, in dem das "wo" zunehmend irrelevanter wird. Das kann man gut an "der Cloud" sehen. Statt auf einem USB-Stick lade ich Fotos, die ich mit anderen Leuten teilen möchte, auf Google Drive und/oder Dropbox hoch. Wenn ich jemandem früher einen Stick in die Hand gedrückt habe, schicke ich heute zumeist eine Mail mit dem entsprechenden Link. So praktisch das auch sein mag, es bringt doch zahlreiche Probleme und Herausforderungen mit sich. So einfach der Übergang von "meine Bilder sind auf dem Stick" zu "meine Bilder sind auf der Seite" war, nicht jeder kommt mit dieser zunehmenden Abstraktion klar. Wie schon im IYFF - Die Hardware meiner Eltern beschrieben kommt es gerade zum Verlust einer Kulturtechnik. Daten auf einen Datenträger zu speichern ist für viele Benutzer noch verständlich. Wenn besagte Daten jedoch keinen "Ort" mehr haben, kann der Onlinespeicher noch so groß sein - die Benutzung wird durch ihre Abstraktion unattraktiv. Wirklich verschwinden die Daten ja nicht. Eigentlich werden sie in großen Datenzentren gespeichert. Die Titanen unter den USB-Sticks quasi. Das "wo" wird also nur für die Benutzer irrelevant, für die Anbieter des Speicherservice haben die Uploads ihrer Kunden noch einen fixen Platz. Wir geben unsere Bilder, Soundfiles, Dokumente und sonstige Daten also an eine dritte Partei ab. Die Konsequenz daraus ist, dass wir die Kontrolle darüber abgeben - wir tauschen Sicherheit gegen Freiheit. Aus "unseren Daten" werden einfach nur "Daten", die wir im Internet parken. Dass Google, Apple oder Dropbox darauf Zugriff haben ist noch am wenigsten bedenklich. Bei Zugriffen durch staatliche Institutionen - Stichwort NSA - oder durch Privatpersonen wie bei "The Fappening" (wer es nicht kennt: suchen, Schüttelwestern nachspielen, weiterlesen) kommen unsere hochgeladenen Informationen in Hände von Leuten, denen wir eigentlich keine Informationen geben wollen. Besonders bei sensiblen Daten wie ... nun ja, rufschädigenden Nacktfotos ist das problematisch. Hundertprozentig sicher sind Festplatten oder USB-Sticks allerdings auch nicht, schließlich können Diebe diese auch stehlen. Bei der Cloud merkt man den Diebstahl allerdings erst dann, wenn die gemopsten Daten veröffentlicht werden. "Dann lad halt nichts hoch", wird gerne argumentiert. So logisch diese Konsequenz auch wäre, so schwierig ist sie manchmal umzusetzen. Automatische Uploads interessieren viele Nutzer nicht, so läuft das Feature einfach nebenbei. Zukünftig dürfte das auch noch schwerer werden, schließlich verschwimmt die Grenze zwischen online und offline zunehmend. Manchmal wird man sogar zwangsbeglückt, siehe der umgedrehte Fall vom automatischen Download des neuen U2-Albums.
Warum habe ich nur das Gefühl, dass Nils Bomhoff Recht behalten wird?
In Zeiten wie diesen, in denen die mit der digitalen Gemütlichkeit einhergehenden Probleme immer deutlicher werden, zahlt es sich aus, einen Blick auf das außer Mode kommende Speichermedium zu werfen. Vielleicht steht dem klassischen Offline-Speicher ja eine Renaissance bevor. Der Hype rund um den körperlosen Speicher könnte sich gerade auf einem Abwärts-Trend befinden. Direkt werden wir das natürlich nicht sehen. Auf dem iPhone 17 und Android Nutella-Palatschineken wird es mit Sicherheit weitere Integration von solchen Diensten geben. Auch die Nutzerzahlen von Dropbox werden in den kommenden Jahren wohl noch steigen. Das bisherige Wachstum könnte jedoch durch ein Umdenken gebremst werden. Das ist an diesem Punkt noch reine Spekulation, vielleicht haben wir auch nur die Ruhe vor dem endgültigen Online-Sturm vor uns, die Cloud zieht ja seit geraumer Zeit auf. Ob unser Speicherplatz in zehn Jahren nur noch im Internet sein wird oder ob wir dann mit USB-Sticks in Terrabyte Größe herumlaufen, wird sich noch zeigen. Wenn wir dann auf das Jahr 2014 zurück schauen, wird sich im nachhinein vielleicht zeigen, dass wir hier an einem Wendepunkt sind/waren.