"Ich auch!", schreien sie, kopieren ein beliebtes Produkt und wollen damit Geld machen.
Mediale Trittbrettfahrer gibt es überall – vom billigen C-Movie bis zur Internet-Gottheit Google. Aber kann der Abklatsch vielleicht sogar besser sein als das Original?
Ich möchte euch ein Filmstudio vorstellen. Es heißt
"The Asylum" (frei übersetzt "Die Irrenanstalt") und produziert billige Ripoffs von beliebten Hollywood-Filmen. Darunter grandiose Titel wie
The Davinci Treasure (inspiriert von
The Da Vinci Code),
Transmorphers (mit den
Transformers als Vorbild) und mein persönlicher Liebling
Sir Arthur Conan Doyle's Sherlock Holmes, der – im Gegensatz zum Original-Film von 2009 –
mit Dinosauriern und Drachen auftrumpfen kann. Ich wünschte, ich würde das gerade erfinden. Aktueller Hit des Low-Budget Studios ist
Almighty Thor - wo da abgeschaut wurde, dürfte ziemlich klar sein. Alles was diese Filmschmiede produziert, sind
billige Kopien von bekannten Filmen. Durch geschickte Änderungen von Titeln und dem Inhalt umgehen sie prekäre Urheberrechtsklagen. Werbung müssen sie für ihre Meisterwerke nicht machen, denn das erledigen schließlich die echten Vorbilder. Sogar der bisher größte Erfolg des Studios ist auf diese dreiste Masche zurückzuführen: 2005 arbeitet Regisseur und Firmengründer
David Michael Latt an einer Verfilmung vom H.G. Wells Klassiker
Krieg der Welten. Mehr oder weniger zufällig arbeitet ein gewisser
Steven Spielberg ebenfalls am gleichen Material. Beide Filme kommen in die Kinos, der eine mehr und der andere weniger erfolgreich - ihr könnt euch wohl denken, welcher welcher ist. Die amerikanische Videotheken-Kette
Blockbuster Video möchte daraufhin einige Monate später
ganze 100.000 DVDs vom Spielberg-Film bestellen, doch irrt sich und holt die Asylum-Produktion an Bord ...
Seid ihr bereit für einen göttlichen Trash-Faktor? Schauen wir angesichts dieses Themas mal wieder bei der Spiele-Branche vorbei.
Blizzard Entertainment feiert ja aktuell das zwanzigjährige Bestehen. Das Studio hat uns den eSport und Volkssport in Südkorea
StarCraft geliefert. Der französische Publisher
Gameloft nahm den zweiten Teil der RTS-Serie als Anlass, ein etwas anderes Geburtstagsgeschenk zu liefern. Es heißt
Starfront: Collision und ist ein
StarCraft 2-Klon für das iPad. Blizzard gefällt das nicht und verklagt Gameloft (das sollte ich auch mal tun, wenn mir ein Geschenk nicht gefällt), bloß ist das den Franzosen ziemlich egal und das Spiel kommt trotzdem in den App-Store. Wie beim großen Bruder gibt es eine menschliche Fraktion, eine organisch anmutende Rasse und eine technologisch hoch entwickelte Alien-Spezies. Zwar besitze ich kein eigenes iPad, doch konnte ich den Titel neulich erst anspielen ... und ihr werdet es kaum glauben: Es macht Spaß! Natürlich wird die strategische Tiefe von
StarCraft nicht erreicht, doch kommt man hier auch ohne Buildorders aus. Ein Strategiespiel mit dem Touchscreen zu steuern geht erstaunlich gut von der Hand, das Design stimmt und das Gameplay ist auch ganz ordentlich. Eigentlich ist
Starfront: Collision ein richtig gutes Spiel und müsste sich gar nicht hinter einem anderen Franchise verstecken.
Nur weil es nicht innovativ ist, muss es nicht schlecht sein: Starfront: Collision von Gameloft Bleiben wir beim geliebten Computer, wenden uns aber
Google zu. Die programmieren zwar keine
StarCraft-Klone, machen sich des „Ich auch!“-Verhaltens allerdings schon desöfteren mehr als schuldig. Normalerweise kopiert Google ja nicht wirklich ... nein, wenn ihnen eine Idee gefällt, kaufen sie kurzerhand den Urheber auf. Das ist allerdings schwer, wenn sie nicht gerade
100 Milliarden Dollar zur Verfügung haben, um
Facebook in die Tasche zu stecken. Darum gibt es jetzt
Google+, ein weiteres soziales Netzwerk. Und spätestens hier stelle ich mir wirklich die Frage, ob wir tatsächlich noch mehr davon brauchen. Hätten sie nicht einfach günstig zum alternden Myspace greifen können? Die gibt es jetzt
zum halben Preis um schlappe 30 Millionen Dollar.
Aber zurück zum Thema – Google kopiert. Und das in einem Markt, der ohnehin stark übersättigt ist. Denn umso mehr Netzwerke es gibt, desto weniger machen diese noch Sinn. So wie es vor vielen Jahren bei den
Instant Messengern schon passiert ist ... noch bevor ICQ es durch die aufdringliche Werbung verschi
ssen hat. Und bevor man täglich 5x von einem Spambot auf russisch Kontaktanfragen erhält. Doch auch in diesem Sektor hat sich die Spreu vom Weizen getrennt und entweder die Leute haben zu All-In-One-Messengern wie
Trillian gegriffen oder sind auf die sinnvollsten Alternativen umgestiegen, also
Jabber. In etwa so stelle ich mir die Zukunft von sozialen Netzwerken ebenso vor: Facebook macht etwas falsch - *hust* verdammte Umfragen *hust* spammende Einladungen für Casual-Spiele *hust* zu wenig Transparenz bei der Privatspähre *hust* - und eine schöne Alternative empfängt die Nutzer mit offenen Armen. Die Idee hinter dem Einstieg in die hart umkämpfte Welt der sozialen Netzwerke ist also sicher kein unüberlegter Schritt. Doch eines sollte klar sein: Das Original "Facebook" wird nicht so schnell weichen.
Der Webcomic xkcd trifft es eigentlich ganz gut. Also, was haben wir von den
medialen Generika? Sind sie billiger? Meistens ja. Sind sie besser? Auf gar keinen Fall, denn die meisten Kopien sind sogar ziemlich schlecht. Erfüllen sie ihren Zweck? Ja! Und genau darum sind sie auch oft erfolgreich. Ich kann mir einen Asylum-Film anschauen und bin teils besser unterhalten als beim Original. Lang lebe der Trash-Faktor. Ich habe Spaß beim Basis- und Einheitenbau und ich kann Leute genauso gut auf Google+ wie auf Facebook stalken. Innovation und Qualität sind also nicht immer die Verkaufsargumente schlechthin. Nein, im Endeffekt entscheidet der Markt über deren Erfolg und zukünftiges Bestehen. Und
das sind wir!
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