So etwas wie ein kostenloses Mittagessen gibt es nicht, das gilt auch im Internet. Wir sind es gewohnt, kostenlose Inhalte zu konsumieren und mit Ad Blockern die lästige Werbung auszublenden. Dann zahlen aber die Betreiber drauf, die wiederum zu drastischen Mitteln greifen können. Bezahldienste, leere Seiten oder sogar der inhaltliche und finanzielle Bankrott. In der digitalen Wertschöfpungs-Kette ist ein Knick, den wir aktuell zu spüren bekommen.
Sein wir uns mal ehrlich: Wer ohne Werbe-Blocker im Internet unterwegs ist, verwendet auch den Standard-Browser. Viel zu aufdringlich sind die Popup-Werbungen geworden - Overlays verhindern das Lesen von Artikeln und Einschaltungen mit Musik und einem gesprochenen Text bieten dank der entsprechenden Lautstärke oft einen ähnlichen Effekt wie Horror-Games. Wer beruflich im Internet unterwegs ist hat selten Zeit für solche Ablenkungen. Man möchte konzentriert arbeiten, Inhalte schnell erfassen und nicht abgelenkt werden. Werbung ist da das genaue Gegenteil von dem, was man braucht - und doch ist sie irgendwo notwendig. Denn irgendwo in dem Geschäftsmodell "Internet" müssen auch Serverkosten und redaktionelle Aufwände gezahlt werden. Auch im privaten Bereich ist es nicht anders: Wir wollen sofort und nicht erst nach einem Werbefilmchen das YouTube-Video sehen und die Nachrichten ohne Banner daneben lesen. Wer den AdBlocker an hat, ignoriert diesen Schritt der Wertschöpfung. Wir haben uns an kostenlose Inhalte gewöhnt, die wir nicht mehr aufgeben wollen. Das dadurch entstandene Vermeiden von Werbung hat leider zu einem technischen Wettrüsten geführt, dessen Auswirkungen wir aktuell präsentiert bekommen: Mit YouTube Red kommt eine kostenpflichtige Ergänzung zum Videoportal, welche mit exklusiven Inhalten wirbt. Die deutsche Bild "Zeitung" hat auf ihrer Seite den Zugang mit Werbeblocker komplett gesperrt. In beiden Fällen haben die Browser-Erweiterungen für dermaßen große Löcher in den Werbeeinnahmen geführt, dass sich die Betreiber zum Handeln gezwungen gesehen haben. Der Axel Springer Verlag geht sogar so weit, dass ein YouTuber, der ein Video zur Umgehung der Sperre veröffentlicht hat, einen Brief vom Anwalt bekommen hat. Hätte er es lieber bei YouTube Red reingestellt...
Kein Wunder, dass die Leute Angst vor Technologie haben...
Moral von der Geschichte ist: Niemand weiß, wie im Internet - geschweige denn auf mobilen Geräten - richtig Werbung gemacht wird. Beinahe altbacken anmutende Konzepte wie eine Werbepause oder eine Plakatwerbung lassen sich einfach nicht auf das digitale Zeitalter ummünzen. Dadurch, dass wir Werbung ausblenden können, haben wir uns an diesen "Luxus" gewöhnt. Es ist eine regelrechte Freude, wenn einem niemand etwas verkaufen möchte. Dabei sollten wir aber nicht vergessen: Wenn wir nicht der Kunde sind, sind wir das Produkt. Die Inhalte können erst dadurch produziert und angezeigt werden, dass jemand - in diesem Fall der Werbepartner und/oder Sponsoren - diese Schritte schon bezahlt hat. Wenn wir deren Inhalte nicht konsumieren, erhält die Seite weniger und die Arbeit der Betreiber wird nicht mehr rentabel. Wir haben zwar kurzfristig Zeit und Nerven gespart, langfristig hat uns das aber einen Inhaltslieferanten gekostet. Wir als Konsumenten haben somit eine Verantwortung, die uns ungefragt aufgedrückt wurde in einem System, das wir offensichtlich nicht mögen. Daraus ergibt sich die große ethische Frage des 21. Jahrhunderts: Adblocker oder nicht? Wir können die Inhalte, die wir mögen unterstützen indem wir uns nerven lassen. Uns bleibt nur die Hoffnung, dass die Werbung wenn schon nicht gut gemeint immerhin gut gemacht sein könnte - niemand mag blinkende "Sie haben Gewonnen" Popups, neue Fenster die sich aufmachen oder gar Werbungen mit Sound. Aber selbst wenn diese fiesen Mutanten der Aufmerksamkeitsdiebe uns überfallen - was ist, wenn die Seite wirklich gut ist? Im Endeffekt müssen wir uns alle die Frage stellen, was uns die von uns konsumierten Inhalte wert sind. Geld wird über kurz oder lang fließen müssen und wenn die Alternative ein Bezahlmodell ist, werden es sich viele Leute vielleicht nochmal überlegen, welche Erweiterungen sie im Browser wann aktiv haben. Aber das ist eine Entscheidung, die wir für uns selbst treffen müssen.