Eins ... zwei ... ja, es sind drei. Genau drei Stück in der
Trilogie. Nicht zwei, das wäre zu wenig, auch nicht vier, das wäre ja schließlich zu viel. Oder... etwa doch nicht? Werfen wir einen Blick auf diese strukturelle Anordnung von Büchern, Filmen und anderen Kunstformen. Denn wirklich neu ist die Idee von drei zusammenhängenden Teilen ja nicht gerade.
Ursprung der TrilogieAch,
Aristoteles, mein alter Freund. Schon vor hunderten von Jahren hast du dir Gedanken zu Dingen gemacht, die selbst unsere postmoderne Gesellschaft heute noch vor Fragen stellen. Und du hast sehr schöne und vor allem simple Definitionen von dir gegeben. Zum Thema
"Trilogie" lässt sich in deinen gesammelten Werken – genauer gesagt in der Poetik – auch eine kleine Wortspende finden. "Ein Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat." Sehr schön. Weiters definiert der werte Philosoph den Anfang als etwas, das nicht auf etwas folgen muss, die Mitte als Konsequenz aus einer Situation mit weiteren Folgen und das Ende als finale, nicht beliebige Stelle. Und schon haben wir die Grundform der Trilogie definiert. Diese ist nämlich mindestens so alt wie der eben zitierte Herr Aristoteles. Bereits bei den
antiken Dionysien war diese Werkform bekannt und geschätzt. Was Dionysien sind? Das waren jährliche Feste zu Ehren des Wein-Gottes Dionysos, welche neben einem Umzug mit Fusel, Tanz und Theater gefeiert wurden. Im Laufe von acht Tagen traten mehrere Tragödien-Dichter im sogenannten Agon (griechisch für "Wettkampf") gegeneinander an. Jeder Teilnehmer musste einen Chor organisieren, mit dem er eine
Tetralogie aufführte. Diese bestand aus drei zusammenhängenden Tragödien – der Trilogie – und einer Kommödie, dem Satyrspiel. Während es bei Letzterem eher locker zuging, waren die drei Tragödien oft voller gesellschaftlicher und politischer Kritik. Der Gewinner dieses Wettbewerbs erhielt neben Ruhm und Ehre auch Ansehen und Wohlstand – es zahlte sich aus, Regie beim antiken Theater zu führen. Viel geblieben ist aus diesen Tagen allerdings nicht –
die Orestie von Aischylos (von 458 vor unserer Zeitrechnung) ist die einzig komplett erhaltene Trilogie aus der griechischen Antike.
Eine Szene aus der ältesten überlieferten Trilogie und ihr Schöpfer. Eine der berühmtesten Trilogien aller Zeiten ist übrigens gar keine. Die Rede ist von
Der Herr der Ringe, einem der wohl bekanntesten Fantasy-Werke schlechthin. "Warum ist das keine Trilogie, bitte? Sind doch drei Bücher.", wird jetzt als Gegenargument kommen. Nun ja, es sind zwar drei Bücher aber J. R. R. Tolkien hat die Geschichte in einen Prolog, sechs Bücher und fünf Zusätze unterteilt – sofern man "Der Hobbit" (aus welchem nun auch ganze drei Teile werden) nicht dazu zählt. Leider waren damals (1954) hohe Preise für Papier nicht unüblich, daher musste sein Epos in nur drei Bände untergebracht werden. Nicht ganz so genau nahm es Douglas Adams mit seiner Buchreihe
Per Anhalter durch die Galaxis. Diese ist nämlich die einzige vierteilige Trilogie mit einem fünften Band. Nach den ersten drei Romanen bettelten die Fans den Autor an, er sollte doch noch einen Teil schreiben, was er dann auch tat. Auch zu einem fünften Teil ließ er sich verlocken – dieser endete allerdings auf eine Weise, die jegliche Fortsetzung für immer ausschließen würde. Clever, Herr Adams – Sie wussten wirklich, wo ihr Handtuch ist. Verfilmt wurden beide Werke, bei der Fantasy-Saga ebenfalls in drei Teilen, der Anhalter hat bisher nur eine trashige Fernsehserie aus den frühen 80ern und einen Film gewidmet gekommen. Genau so englisch sind Simon Pegg und Nick Frost, zwei Comedy-Schauspieler von der Insel. Die beiden arbeiten gerade mit Regisseur Edgar Wright an der
"Blood and Ice Cream Trilogy", bei der im Laufe jedes Filmes jeweils ein Cornetto verspeist und jemand getötet wird. Zwar ist jeweils der Cast größtenteils gleich, doch die Filme hängen (bis auf diese beiden Merkmale) nicht miteinander zusammen. Angefangen hat es mit Shaun of the Dead (2004), gefolgt von Hot Fuzz (2007). Den Abschluss wird The World's End bieten, bei welchem das Drehbuch bereits fertig ist.
Blut und Eis - lecker! Überlegen wir hier erst einmal, was es so an Trilogien bei Filmen gibt.
Der Pate, Zurück in die Zukunft, Blade, Matrix, Mad Max, die Mumie, die Nackte Kanone, Ocean's 11/12/13, Ong Bak (unter Martial Arts Film-Fans bekannt), Spiderman, Robocop, Rush Hour, Austin Powers, Toy Story und die beiden
Star Wars Trilogien. Wobei, Moment – nicht alle davon sind von Anfang an als Dreiteiler geplant gewesen. Das schönste Beispiel hierfür ist
Fluch der Karibik, welcher 2003 einen enormen Erfolg feiern konnte. Die an sich abgeschlossene Geschichte wurde mit zwei neuen Teilen fortgesetzt. Trilogie fertig – oder etwa nicht? Nein, denn 2011 gab es den vierten Teil! Zwar nicht mehr mit Orlando Bloom und Keira Knightley, aber mit Johnny Depp als Captain Jack Sparrow. Hier sehen wir zwei Trends in einer Serie: die Trilogiesierung eines Erfolgs-Filmes und der neueste Trick, die Fortsetzung der Trilogie. Ersteres ist nicht wirklich neu. Der Fall
„Matrix“: 1999 setzten die Wachowski Brüder dem Cyberpunk ein filmisches Denkmal mit einem innovativen Action-Streifen. Zwar war die postmoderne Jesus-Parabel von der Geschichte her abgeschlossen, doch gab dem Warner Bros. Studio das geschaffene Universum noch zu viel her, um es bei einem Film zu lassen. „Trilogie!“, riefen die Produzenten, das Regie-Team und die Schauspieler folgten. Das Resultat waren zwei lauwarme Fortsetzungen, die um ein Haar das Gebilde des ersten Teiles zum Einsturz brachten. Hauptsache, ein ganzer Highway wurde für die halbstündige Verfolgungsjagd nachgebaut. Das Spiel Enter the Matrix, welches zwischen dem zweiten und dem dritten Film spielt, machte die Story auch nicht besser. Innovativer Ansatz, halbherzige Umsetzung. Noch schlimmer macht es ein ganz anderer Action-Held. John-117, besser bekannt als der Master Chief aus
Halo. Der gesichtslose Protagonist des Konsolen-Shooters hat sich in drei Spielen durch ein kriegszerrissenes Universum gekämpft und der Flood die Stirn gezeigt. Der vermeindlich letzte Teil der Trilogie warb mit dem Slogan „Finish the Fight“. Beende den Kampf, bring es zu Ende. Das Abenteuer des Spartans endet damit, dass er einen Hyperraum-Sprung zu einer unbekannten Stelle macht. Badass, wie er ist, legt er sich hin und sagt dem Bordcomputer, man solle ihn aufwecken, wenn es etwas zu bekämpfen gibt. Schönes Ende an sich. Und dann gab es die Ankündigung, dass es nicht nur einen vierten Teil, sondern eine
zweite Trilogie geben soll. So viel zu „Finish the Fight.“
Ja klar, von wegen ... Das Problem mit Fortsetzungen an sich ist, dass sie sich irgendwie mit den Vorgängern decken müssen. Ich erinnere gerne an die
Resident Evil Reihe, um genau zu sein an den Antagonisten Albert Wesker. Der Verräter aus dem ersten Teil wurde von dem von ihm entfesselten Tyranten-Zombie getötet, ein passendes Ende für den Bösewicht. Aber nein, Charakter-Recycling macht doch so viel Spaß, dass Wesker in
Resident Evil 5 und
Code Veronica auch die Rolle dies Fieslings inne hat. Im Nachhinein wurde erklärt, dass er natürlich gar nicht gestorben ist und alles im Vorhinein so geplant wurde. Nicht, dass ich einem Spiel mit Zombies einen Mangel an Realismus vorwerfen möchte, aber das gesamte Story-Gebilde hat langsam etwas hanebüchenes an sich. Trilogien (sofern sie eingehalten werden) haben hier den Vorteil, dass mit der Geschichte nur begrenzt Blödsinn getrieben werden kann. Schlimmstenfalls schauen ein guter und zwei schlechte Filme dabei raus, das ist für die Produzenten ein kalkulierbares Risiko. Floppt der erste Teil, bleibt es bei diesem. Ein Sonderfall ist übrigens Valve, schauen wir uns das Portfolio der Spieleschmiede etwas genauer an.
Half-Life 1 und 2 (mit den
Episoden 1 und 2),
Portal 1 und 2, Left 4 Dead 1 und 2, Team Fortress 1 und 2 und demnächst
DotA 2. Valve kann nicht bis 3 zählen. Sie sind die Anti-These zur Trilogie. Seltsam sind auch die Serien, die eigentlich keine sind – wie bei
Quentin Tarantino oder dem koreanischen Regisseur
Park Chan-Wook. Letzterer hat drei Filme über Gewalt und Rache gemacht:
Sympathy for Mr. Vengeance (2002),
Oldboy (2003) und
Sympathy for Lady Vengeance (2005). Obwohl man diese Werke als „geistige Nachfolger“ bezeichnen kann, gehören sie von der Geschichte her nicht zusammen – trotzdem sprechen Fans oft von der „Vengeance Trilogie“. Der werte Herr Tarantino hingegen hat sich eher durch die Anzahl seiner Filme in diese Schublade gesteckt. Vor
Kill Bill Vol. 1 (2003) und
Vol. 2 (2004) gab es nämlich nur drei Stück der Kultfilme. So fasste man
Reservoir Dogs (1992),
Pulp Fiction (1994) und
Jackie Brown (1997) als die „Tarantino Trilogie“ zusammen – wieder ohne thematische Verknüpfung. Obwohl im selben Universum scheinen die drei doch zu spielen, so findet man wiederkehrende Elemente wie die
Zigaretten-Marke „Red Apple“ immer wieder. Sogar in
From Dusk till Dawn (1996) haben es die Zigaretten geschafft – eine Hommage von Regisseur Robert Rodriguez an den Drehbuchautor Tarantino.
Valves Unfähigkeit, bis 3 zu zählen. HeldenreiseEine Frage bleibt bisher jedoch noch ungeklärt – warum drei Teile? Natürlich gibt es den wirtschaftlichen Aspekt, denn drei Filme machen mehr Geld als einer. Doch eine von Anfang an geplante Trilogie hat etwas, was die „Erfolgsfilme +2“ nicht haben – ein Konzept. Ein Mythenforscher namens
Joseph Campbell hat es mit seiner
Theorie der Heldenreise auf den Punkt gebracht. Bei seiner Forschungsarbeit durchforstete er Kulturen aus der ganzen Welt nach ihren Geschichten und Legenden. Jede davon zerlegte er in die kleinsten Einzelteile. Das Resultat war erstaunlich: Jedes Märchen, jede Fabel und jeder Mythos lässt sich auf die selben Elemente reduzieren. In insgesamt
17 Schritten läuft die Heldenreise ab. Da wäre der Ruf zum Abenteuer, welcher die Story ins Rollen bringt, die übernatürliche Hilfe, die Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten und bevor der Held mit Mühe und Not in sein nun geändertes Leben zurückkehren kann, steht noch der Endkampf an. Im Grunde genommen kann man sich eine der beiden
Star Wars Trilogien anschauen und jeden einzelnen Punkt auf der Liste in der korrekten Reihenfolge abhaken. Was das jetzt mit dem Dreiteiler zu tun hat? Die Heldenreise lässt sich in drei Kapitel aufteilen. Da wäre der Aufbruch (Luke beginnt sein Jedi-Training, Frodo erhält den Ring), der Initialisierung (Zerstörung des ersten Todessternes, Darth Vader ist der Vater von Luke, Frodo und Samweis müssen alleine reisen, Gandalf kehrt zurück) und schließlich die Rückkehr (der Imperator wird besiegt, die Zerstörung des zweiten Todessternes, der Ring wird vernichtet). Jetzt wissen wir nicht nur, dass der sogenannte
Monomythos die perfekte Grundlage für jede Trilogie ist, sondern auch, dass ein
Star Wars/Herr der Ringe Mashup ziemlich cool wäre. Aber lassen wir die Fan-Fiction bei Seite und kehren wir zu den allgemein gültigen Regeln für Helden zurück. Die Einteilung in Start, Prüfung und Ende ist alles, was eine Geschichte braucht. Der Auslöser, der Konflikt und die Resolution sind in jedem Film, jedem Buch und jedem sonstigen Medium zu finden, welches eine Story erzählt. Auch in einem alleinstehenden Film ist diese Struktur zu finden, die Trilogie weitet dieses Muster lediglich aus.
Heldenreise und Trilogie-Mashup, das Frühstück der Champions! Wie es mit der Erzählform der Trilogie weiter geht, ist ungewiss. Aktueller Trend ist die „Zweit-Trilogie“, wie wir sie bereits bei
Star Wars gesehenen haben und nun bei
Halo wieder erleben. Wer weiß, vielleicht kommt schon bald die
Trilogie-Trilogie. Neun Filme mit jeweils drei mal drei Teilen – das wird sich als Bluray-Box gut machen.
Nicht mehr ganz aktuell aber doch ganz treffend.
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