Diese Zeilen entstehen auf dem Flug zwischen Wien und Frankfurt, am Weg zum X99 Launch-Event von Gigabyte in Hamburg. Nach tagelangen Problemen mit dem Zoll, noch mehr Ärger mit der Post und dann auch noch dem aktuellen Streik bei
Germanwings, sind wir froh, dass wir überhaupt etwas über Intels
neue High-End-Generation schreiben zu können. Durch den engen Zeitplan haben wir uns allerdings primär
aufs Overclocking konzentriert und lassen vorerst alle anderen Aspekte außen vor. Hier lest ihr unsere Erfahrungen mit Luftkühlung und den ersten Litern mit flüssigem Stickstoff.
Geizhals: Core i7-5960X |
Geizhals: Gigabyte GA-X99 SOC FORCEMit dem Core i7-5960X bringt Intel ihren ersten
Achtkerner für den Consumer-Bereich. Das bedeutet acht Kerne und ganze 16 Threads, 20 MB an L3 Cache, und eine TDP von nicht weniger als 140 Watt. Gleichzeitig erfolgt der Wechsel auf die Architektur von Haswell, die bereits Anfang des Jahres gelaunchte Mainstream-Plattform in der gehabten 22-nm-Fertigung. Dazu gesellt sich der X99-Chipsatz mit dem Codenamen "Wellsburg" auf Basis des nicht zu den Vorgängern kompatiblen
LGA2011-3. Durch den gleichbleibenden Lochabstand darf wenigstens der bisherige Kühler bestehen bleiben. Zumindest erfolgen die Änderungen am Sockel nicht grundlos, denn mit Haswell-E begrüßt der PC erstmals die neue Speichergeneration
DDR4, die mehr Leistung bei derzeit ungefähr 25% geringerem Energieverbrauch verspricht.
Unser Testsample für Haswell-E: Der Intel Core i7-5960X Zusammengefasst bietet die Kombination aus übertaktbarem Achtkerner und dem brandneuen DDR4 einen spannenden Launch für Early Adopter, Enthusiasten und Overclocker, und damit für all jene, die mit der enormen
Multithreading-Leistung auch wirklich etwas anfangen können. Wie groß der Sprung tatsächlich ist, zeigen die ersten Benchmarks - ausführlich natürlich besser bei unseren Kollegen von
ComputerBase.
- Intel Core i7-5960X, 8x 3 GHz mit einem Turbo bis zu 3,5 GHz
- Gigabyte X99 SOC FORCE
- Corsair Vengeance LXP, 4x4 GB, 2400 MHz mit CL15-17-17-36 2T bei 1,2 Volt
- Noctua NH-D15
- Enermax Platimax, 1500 Watt
- Angelbird Crest V, 256 GB
- Windows 7, SP1 (64 bit)
Unser Testsystem für Haswell-E auf einem Blick Wer bei den Spezifikationen der CPU denkt, dass wir einen Fehler gemacht haben, der irrt sich. Der i7-5960X hat für ein Topmodell tatsächlich einen sehr niedrigen Basistakt von
nur 3 GHz. Hier zollen die acht Kerne ihren Tribut, um die TDP in Grenzen zu halten. Per Turbo erreicht das System dann doch noch 3,5 GHz auf allen acht Kernen, aber auch das ist uns bekanntlich zu wenig. Vorhang auf für das Gigabyte GA-X99 SOC FORCE, das zur CPU passende Topmodell für Overclocker. Unser erster Weg führt uns deshalb gleich ins BIOS, um den Multiplikator von 30 auf 40 anzuheben.
Mit 4 GHz bootet das System auch gleich problemlos mit gleichbleibender VCore von 1,2 Volt im Windows, überraschend egal ob im Leerlauf oder unter Volllast. Auch unser Noctua NH-D15 zeigt sich mit unter 40 °C am Desktop und kaum über 70 °C in LinX kaum beeindruckt von den 4 GHz. Siehe da, das Problem mit dem niedrigen Turbotakt wurde mit nur einem Handgriff gelöst!
4 GHz laufen mit der Stock-VCore von 1,2 Volt komplett stabil. Ein ganzer Handgriff war dafür notwendig. Mit gestärktem Selbstbewusstsein wagen wir sogleich den Schritt zu
4,5 GHz, die ab 1,325 Volt im BIOS zum ersten Mal problemlos booten und einen erfolgreichen Durchlauf von LinX, CineBench R11.5 und wPrime 1024 zulassen. Nur Intels hauseigener und bekanntlich schwer verdaulicher
XTU-Benchmark braucht etwas mehr, weshalb wir langfristig zu
1,35 Volt übergehen. Die Temperaturen sind mit einem Maximum von
88 °C bei LinX allerdings jetzt schon am absoluten Limit für Luftkühlung, aber voll und ganz stabil während all unserer Tests. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:
4,5 GHz mit 1,325 bis 1,35 Volt - wPrime 32M und 1024M, CineBench R11.5 und LinX Die Temperaturkurve während dem LinX-Test sind dagegen eher schon bedenklich:
Die Temperaturkurve bei 4,5 GHz während einem 3 Minuten langen LinX-Test Einen guten Eindruck macht auch das Gigabyte X99 SOC FORCE, zumindest was das Board selbst betrifft. Optisch und von der Verarbeitung her gibt es nichts zu bemängeln, und selbst bei höheren Overclocks unter Luft sind weder die Spannungswandler noch der PCH-Kühler besonders heiß.
Gigabyte GA-X99-SOC FORCE: Ein wirklich hübsches und gleichzeitig solides Mainboard für Haswell-E, nur das BIOS benötigt noch Zuwendung. In Sachen BIOS schaut es leider anders aus. Unsere Erfahrungen haben wir mit der Version "F3" gesammelt, also noch ein sehr frühes BIOS. Schon nach den ersten paar Mal booten fällt uns auf, dass es eine halbe Ewigkeit dauert, um ins BIOS zu gelangen. Das wundert uns auch nicht, denn im Endeffekt gibt es bei diesem Mainboard ganze drei unterschiedliche BIOS-Menüs für unterschiedliche Zielgruppen. So landet man beim Betreten des BIOS in einem übersichtlichen Anfängerbereich. Er ist grafisch schön gestaltet, aber für unsere und wahrscheinlich auch eure Zwecke eher sinnlos. Per F2 landet man im normalen UEFI-BIOS, wie man es derzeit kennt. Schlichtes Grau, horizontale Menüleiste und vertikale Einstellunsgmöglichkeiten, die entweder per Tastatur oder per Maus konfiguriert werden können. Reicht das nicht aus, gibt es noch den "STD Mode", der sich ähnlich wie die Gigabyte-Software a la Easy Tune anfühlt und für die Maussteuerung optimiert wurde. Er hat obendrein eine "Realtime Overclocking"-Funktion, die ein sofortiges Setzen der Werte noch im BIOS erlaubt. Dadurch muss der Computer nicht mehr neu gestartet werden, um zu wissen, ob ein gewisses Setting läuft. Definitiv ein interessanter Ansatz, den wir uns allerdings noch einmal getrennt genauer anschauen müssen.
Der STD Mode bietet die interessante Möglichkeit für Overclocking direkt im BIOS Im Zuge der ersten Stunden mit dem Mainboard sind uns natürlich auch einige Bugs aufgefallen, die wir hier der Vollständigkeit halber erwähnen möchten. Eine ohnehin heikles Thema ist die
Speicherkompatibilität mit verfügbaren DDR4-Modulen, die sich laut Gigabyte noch in einem sehr frühen Stadium befindet. Daher gibt es auch aktuell noch keine Kompatibilitätslisten im Internet zu finden. Wir hatten hier zwar keine Probleme, andere Redaktionen jedoch schon. Uns ist nur aufgefallen, dass die X.M.P-Profile nicht die korrekten Daten für unsere Module ausgeben konnte und diese daher manuell eingestellt werden mussten.
Weiters hatten wir heftige Probleme bei der Steuerung des normalen BIOS. Alle Seiten mit angezeigten Taktfrequenzen werden nämlich derzeit alle zwei Sekunden mit einem
"Lag" versehen, die sowohl die Tastatur als auch die Maus kurz stoppt und währenddessen keine Eingabe zulässt. Das macht die Steuerung derart träge, dass viel Geduld von Nöten ist - speziell gepaart mit dem langsamen BIOS-Start! Das ist natürlich alles andere als perfekt für Enthusiasten und Overclocker, die doch regelmäßig mit ihrem System herumspielen wollen. Etwas Abhilfe schafft hier der
STD Mode, der das Lag zum Glück nicht hat. Leider haben wir keine Möglichkeit gefunden, um standardmäßig in diesen Modus zu starten. Wir haben die Probleme an Gigabyte weitergeleitet und man wird sich darum kümmern.
Dennoch hat das BIOS seine Reize und zwar gerade beim Übertakten unter Luft. Wir haben auf der High-End-Plattform von Intel
noch nie so wenig einstellen müssen, um eine CPU ans Maximum zu bringen. Neben VCore und Multiplikator mussten wir für stabile 4,5 GHz lediglich die
VRIN Load Calibration auf Turbo stellen, da wir sonst immer wieder Shut offs hatten. Sehr einfach gehalten ist auch die Eingabe der VCore: Keine Offsets, keine 35 Load Calibration Stufen, keine Dämpfer (wie beim Rampage IV), kein sonstiger Schnickschnack: Es müssen nur die Volt im BIOS eingegeben werden und die kommen auch ungefähr so im Windows an. Dort sind sie dann aber auch bomenfest, selbst wenn die acht Kerne zum Schwitzen gebracht werden. Ob sich eine CPU damit auch wirklich ideal auf eine Taktrate einstellen lässt, ist wieder eine andere Sache. Wir glauben, dass im Endeffekt nur wenig Unterschied vorhanden ist.
Kurz, aber doch, konnten wir unser Testsample auch auf Minusgrade bringen, um die magische 5-GHz-Grenze zu überwinden. Wir wollten allerdings nicht ans Limit gehen, deshalb haben wir der CPU
nie über 1,6 Volt gegeben. Damit waren bei
CineBench R11.5 ohne viel Herumprobieren immerhin 5 GHz drinnen und das stellte recht locker jeden vorherigen Dual Socket-Weltrekord mit zwei Quadcores in den Schatten. Viel ging dann allerdings nicht mehr, trotz -120 °C konnte mit
5,4 GHz nur mehr wPrime 32M durchlaufen. Der Coldbug unseres Chips war übrigens bei -125 °C, der Coldboot-Bug bei circa -120 °C. Nicht schlecht, aber auch nicht gut. Hinzu kam allerdings, dass die niedrigere Temperatur unserer Meinung nach auch dem Mainboard nach längerem Benchen zugesetzt hat, denn nach einiger Zeit konnte eine Art von "Coldslow" ab -100 °C beobachtet werden. Dabei ließ sich plötzlich der Multiplikator nicht mehr verändern und wurde auf heiße 12 fixiert, also nur 1,2 GHz. Das Öffnen von CPU-Z dauert in diesem Zustand übrigens nicht so prickelnde 3 Minuten! Erst bei mehreren Benchmark-Durchläufen wurde der Chip dann langsam wieder schneller, bis CPU-Z wieder die 5 GHz ausgegeben hat und auch die Leistung in den Benchmarks wieder stimmte. Auch wenn diese Spinnereien unserer Session ein frühzeitiges Ende bereitet hat, konnten wir bereits in Erfahrung bringen, dass Gigabyte schon morgen mit einem neuen BIOS online geht. Das ist also nur der Auftakt für Haswell-E in unseren vier Wänden!
Erste, vorsichtige Erfolge mit LN2: CineBench R11.5 auf 5 GHz, wPrime 32M mit 5,3 GHz Zum Abschluss noch ein paar schöne Fotos von einem tiefgekühlten Haswell-E:
Das klassische LN2-Foto, ohne dem wir keinen Artikel veröffentlichen können. DDR4, du kommst a no in mei Gossn! Noch verschonen wir unsere Module mit nur 1,4 Volt und leicht geringeren Latenzen. Gigabyte-Werbung Die OC-Buttons sind wie immer praktisch, aber zur Abwechslung mal qualitativ hochwertig! Ein Actionfoto geht immer noch! Eigentlich sollten wir uns beim Fazit für Haswell-E noch zurückhalten, bis wir tatsächlich die Tiefen dieser Plattform vollständig erkundet haben. Nichtsdestotrotz müssen wir loswerden, dass wir zusammengefasst
schwer beeindruckt vom Potenzial des ersten (echten) Octacore-Prozessors für den Consumer-Bereich sind - wir hätten uns keine stabilen 4,5 GHz erwartet, schon gar nicht so unkompliziert. Da trägt auch das Gigabyte GA-X99-SOC FORCE seinen Teil bei und macht im Gesamtpaket viel her. Dazu gehört eben nicht nur ein solides Mainboard, sondern auch ein guter BIOS-Support. Speziell in diesem frühen Stadium einer High-End-Plattform mit frischer Speichergeneration ist das unabdingbar und trennt die Spreu vom Weizen. Wir sind zuversichtlich, dass Gigabyte hier in den nächsten Wochen weiterhin laufend nachlegen wird und erlauben uns
eine Empfehlung für die Early Adopter mit großen Geldbeutel unter euch auszusprechen. Und ja, Haswell-E macht wieder mal richtig Spaß!
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