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In Your Face Friday #3

karlstiefel 25.02.2011 13961 15
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Als Journalist, und das ist die overclockers.at-Crew nun mal, egal ob Hardware oder Medienkultur, hat man eine gewisse Verantwortung gegenüber seinen Lesern. Abhängig von der Berichterstattung beeinflusst man Meinungen und generiert Wissen - leider wird das in der Branche nicht von jedem so ernst genommen.

Fassen wir es mal zusammen: Diablo 3 kommt erst 2012, dann aber auch auf Konsolen, Portal 2 bekommt vollen Move-Support auf der PS3 und Borderlands 2 ist in Arbeit. Was haben diese drei Schlagzeilen gemeinsam? Das sind alles News-Enten alleine aus den letzten zwei Wochen. Es ist ein grundsätzliches Problem der Berichterstattung, egal ob online, Print oder sogar im Fernsehen: Die Recherche wird leider immer kleiner geschrieben. So etwas wie Exklusivität gibt es ohnehin kaum mehr, in der Praxis wird einfach beinhart voneinander abgeschrieben. Wenn einer Bilder oder ein Interview hat, wird schnell kopiert, um die Infos unter die Leute zu bringen. Leider ist es wie bei "Stille Post" und was nach 5x Abschreiben beim Leser ankommt, entspricht nicht mehr unbedingt dem Original. Es wird schnell in die geschriebenen Worte hinein interpretiert, umformuliert und wenn hierbei nur eine Quelle verwendet wird, bleibt die Wahrheit oft auf der Strecke. Das chronische Abschreiben zieht allerdings auch seine Kreise - wer zu spät in das Geschehen einsteigt, steht einem Berg an abgeschriebenen News gegenüber. Hier die Wahrheit zu finden, ist schwer und zeitaufwändig - eine Vielzahl an gleichen Beiträgen bedeutet also nicht unbedingt, dass die Neuigkeiten auch der Wahrheit entsprechen.

Ein schönes Beispiel: Wir warten bereits seit geraumer Zeit auf Diablo 3 aus dem Hause Blizzard. Diese werben momentan Programmierer und Spiele-Designer mit Erfahrung im Konsolen-Bereich an. Daher wurde schon lange spekuliert, ob der Titel nicht vielleicht auch auf den aktuellen Konsolen erscheinen wird. Blizzard äußerte sich dazu, dass momentan geprüft wird, ob eine Konsolen-Umsetzung denn überhaupt Sinn macht. Vor kurzem kam dann eine neue Stellenanzeige dazu: Ein Senior Producer mit Konsolen-Erfahrung wird gesucht. Genug für diverse amerikanische Magazine, diese Ausschreibung als offizielle Ankündigung für Diablo 3 auf den Konsolen anzusehen. Und keine 15 Minuten später hat der Großteil der deutschen Magazine diesen Artikel übersetzt und gepostet, weil man möchte ja schließlich am Ball bleiben. Jetzt hat die Firma Blizzard in Irvine, Kalifornien leider auch einen Internet-Anschluss und man mag es kaum glauben, die Spieleentwickler lesen auch Spiele-News. Da der Entwickler aber lieber seine Spiele selbst ankündigt und diese Arbeit nicht von externen Quellen erledigen lassen möchte, kommt hier die PR-Agentur ins Spiel. Nicht einmal vier Stunden nach der ursprünglichen News, können wir auf der selben Seite lesen, dass sich Blizzard zu dem Thema geäußert hat und es KEINE Ankündigung von Diablo 3 auf den Konsolen war. Oh Wunder! Jetzt betreibt allerdings nicht jeder derart feinsäuberliche Imagepflege wie Blizzard, Valve oder Gearbox, wodurch durch dann gerne wochenlang Falschinformationen durchs Internet schwirren.

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Wahrheit und Nachrichtenente liegen oft nahe beisammen ...


Mit Professionalität hat eine solche Berichterstattung nichts zu tun. Oft würde ein einfacher Kommentar wie "Diese Meldung wurde noch nicht bestätigt" reichen. Doch wenn jedes Wort für bare Münze gehalten wird, fehlt dem Journalismus der kritische Blick. Die meisten Seiten verlinken sogar ihre Quellen, eine Recherche braucht also keine fünf Minuten und offizielle Seiten, Blogs oder Videos existieren ebenfalls. So praktisch das Abschreiben auch ist, weit kommt man damit nicht, denn Glaubwürdigkeit braucht viel Arbeit - das Vertrauen einer Community muss man sich eben hart erschreiben. Die Hardware-Fraktion hat es da einfacher, schließlich ist das Publikum naturgemäß weit versierter und die Spezifikationen durch die Bank hinterfragbar bzw. ergeben sie sich logisch. Gänzlich ohne Gerüchteküche kommt natürlich auch die Hardware-Welt nicht aus, doch werden die inoffiziellen Fakten viel eher auf die Waagschale gelegt. Außerdem scheinen die Hardware-Redaktionen sich weit weniger zu bekämpfen, als es bei den Spieleblättern der Fall ist. Wenn es nicht um jeden View und jeden Visit geht, dann bleibt der Boulevard-Journalismus auch angenehm gering und die Qualität entsprechend hoch.

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Kompetenz hat ein Gesicht!


Idealerweise sollte die News- und Datenflut für den oftmals zahlenden Kunden gefiltert und zusammengefasst werden. Statt zusammengereimten Gerüchten dürften nur bestätigte Fakten publiziert werden. Alles andere ist leider Themenverfehlung im Beruf des Journalisten. Leider ist in der deutschsprachigen Medienlandschaft ein solches Verhalten Gang und Gebe. Aber auch hier zahlt es sich aus, einfach mal nachzudenken, bevor man etwas schreibt. Der Leser wird es einem danken.
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