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Einfach, normal, schwer?

karlstiefel 14.12.2010 22294 69
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Ob interaktiver Film, eine beinharte Herausforderung oder eine außergewöhnliche Erfahrung - beim Gameplay von Computerspielen hat der Schwierigkeitsgrad kräftig mitzureden. Wir durchleuchten den Mythos rund um limitierte Leben, virtuelle Stützräder und berechtigte Wutausbrüche.

Der Schwierigkeitsgrad modifiziert das Gameplay in dem er Ressourcen knapper macht, Schaden erhöht oder senkt oder das Speichern limitiert. Gerade die fehlende Möglichkeit zu speichern, verlangte bei älteren Spielen sehr viel ab. Egal ob man im ersten Level oder beim letzten Boss war - sobald der Game Over-Bildschirm zu sehen war, musste das Spiel von vorne begonnen werden. Gefährliche Stellen durfte man deshalb auswendig kennen und die Bewegungsmuster der Bosse kannten viele Spieler im Schlaf. Ganze Spieleserien lebten von dem Versprechen, besonders schwer zu sein. Dafür wurde einem auch wahre Anerkennung im Freundeskreis zu Teil, hatte man doch Battletoads, Ghosts 'n Goblins oder einen Megaman-Teil gemeistert. Auch viele Arcade-Titel waren einfach nur noch schwer, wenn nicht frustrierend. Zum Beispiel Contra, ein kooperativer Side-Scroller, dessen Ende nur wenige Spieler hautnah erleben durften. Dieser prägte auch bis dato den berühmtesten Cheatcode, auch den Konami-Code genannt, der den leidenden Süchtlern statt drei Leben, ganze 30 gab, um doch noch in den Himmel aufgenommen zu werden. Arcade-Spiele dieser Art waren aber auch dementsprechend konzipiert, denn je öfter der Spieler stirbt, um so mehr Geld wirft man in die Maschine. Aus dieser Videospiel-Kultur entstammen auch die nicht mehr wegzudenkenden, limitierten Leben, die wir nun auch daheim fürchten und gleichzeitig ehren müssen.

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Um ein echter Mann zu werden muss man ein Haus bauen, einen Baum pflanzen und Contra ohne Cheats durchspielen!


Eine wahre Wissenschaft aus der Schwierigkeit seiner Spiele macht Sid Meier. Bekannt geworden unter anderem mit der Civilization-Reihe, setzte er sich intensiv mit Belohnung und Bestrafung für die digitalen Aktionen des Spielers auseinander. Dabei lernt auch er nie aus. Vor einigen Jahren meinte er noch selbst, dass vier klassische Schwierigkeitsgrade genug seien. Mittlerweile hält er eher neun verschiedene Schwierigkeiten für die richtige Zahl und setzt dafür aber auf ein dynamisches System. Durch stufenlose Schwierigkeit, die sich dem Spieler anpasst, bestünde so immer das richtige Verhältnis zwischen Belohnung und Herausforderung. Der in Left4Dead allgegenwärtige AI-Director macht nichts anderes: Je nachdem wie viel Munition und Gesundheit die Spieler haben, wartet entweder ein einzelner Untoter oder eine ganze Horde von Zombies hinter der nächsten Ecke. Durch das dynamische Anpassen der Schwierigkeit ändern sich auch Teile des Spiels bei jedem Durchlauf, was auch den Wiederspiel-Wert ungemein erhöht.

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Sid Meier: Dieser Mann macht sich Gedanken.


Im Genre der Rennspiele gibt es oft die Option für eine Fahrhilfe. Diese schaltet, bremst und lenkt minimal, wenn der Spieler es nicht tut. Experten schalten diese Helfer natürlich aus und tragen selbst die Konsequenzen, wenn sie mal wieder im Schotter neben der Rennstrecke parken. Was aber passieren kann, wenn solche Hilfsmittel auf ein Casual-Publikum zugeschnitten werden, kann man im Video unter diesem Absatz sehen. Da wird Kinect Joy Ride gespielt, ohne dass der Fahrer sich überhaupt ein einziges Mal bewegt. "Klar, er kracht gegen die Bande und das war's!" denkt ihr? Nix da! Hier belegt man sogar ohne Steuern den dritten Platz.

Kinect Joy Ride auf Platz 3 spielen? Einfach zurücklehnen und entspannen!


Von Casual-Spielen zu einem Genre, das sich ein wenig ernster nimmt: Shooter. Auch hier wird es dem Spieler oft sehr einfach gemacht, wie man es in Call of Duty: Black Ops sieht. Zwar etwas subtiler als jede Fahrhilfe, aber auch die interaktiven Kameraden schießen nicht wenig für den Spieler weg. Im Videobeweis wird das erste Level auf zweithöchster Schwierigkeit durchgespielt, nur ohne einen einzigen Schuss abzufeuern!

Call of Pacifism: "I hob nur gschaut!"


Man kann das Ganze natürlich auch ins Absurde treiben. Gerade im Jump 'n' Run Genre gibt es einige bösartig schwere Spiele. Eine Perle der Bösartigkeit ist dabei das kultige "I wanna be the guy", das so fast schon unmöglich ist und mehr als Hommage an bekannte schwierige Spiele des Genres gehandelt wird. Abgesehen von unmenschlich vielen beweglichen Gegenständen, die einen das Leben rauben wollen, kommt auch gerne ein hinterhältiger Game Over-Screen aus heiterem Himmel, der nicht falsch beantwortet werden darf. Wer aber die zahlreichen Bosse - allesamt von alten Nintendo Spielen geklaut - besiegen kann, darf voller Stolz behaupten ... "I am the guy!"

Bei der bösartigen Jump'n'Run-Hommage "I wanne be the guy" kann man auch in den sonst so sicheren Cutscenes sterben!


Auch Nintendo ist nicht unschuldig in diesem Bereich. Im Kaizo Mario-Hack wird der bekannte Klemptner nicht etwa durch ein fröhliches Universum geschickt, sondern in beinahe unschaffbaren Levels gefoltert. Basierend auf dem SNES-Klassiker Super Mario World wurden bekannte Elemente und Gegner genommen und zu einem Labyrinth der Qualen zusammengesetzt. Hier muss jeder Sprung sitzen und ohne eine Schnellspeicher-Funktion im Emulator braucht man sich dieser Herausforderung gar nicht erst zu stellen.

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Kaizo Mario-Hack: An diesen Leveln kommt man als Normalsterblicher zum Glück nicht vorbei ...


Aber es gibt auch noch aktuelle Spiele mit knackigem Oldschool-Schwierigkeitsgrad: Ein Super Meat Boy oder die neuen Ninja Gaiden-Teilen lassen auch heute noch den ein oder anderen Zocker das Gamepad in die Ecke donnern. Was diese Spiele auszeichnet ist ihre brutale Gnadenlosigkeit, die jedoch nicht auf schlechtes Gameplay oder eine kaputte Steuerung zurück zu führen ist - sie sind einfach nur schwer. Wer jetzt also Lust auf eine Herausforderung hat, die Nerven wie Drahtseile und eine Engelsgeduld voraussetzt, muss nicht unbedingt in der Retro-Kiste kramen ... schwierige Spiele wird es immer geben.
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