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In Your Face Friday - Free2Pay

karlstiefel 20.02.2015 12871 25
Was darf ein Spiel kosten? Die meisten Titel gehen für 50 bis 70 Euro über den Ladentisch. Dass man zu Hause zusätzlich zahlen muss, um fertige Features freizuschalten, sorgt immer öfter für Unmut. Irgendwo zwischen Mobile-Games und den großen Releases haben sich herunterladbare Inhalte als Standard etabliert. Dabei ist viel schief gegangen, was vielleicht Mobile-Spielen die Zukunft gekostet hat. Wenn nur dort Schluss gewesen wäre ...

Es ist schon ein Weilchen her, als eine Schlange über das monochrome Display gejagt wurde, um Punkte einzusammeln. Seither hat sich bei Handyspielen viel getan. Gut, der Fairheit halber müsste man ja Mobile Games sagen - schließlich wollen wir die Tablets nicht ausgrenzen. Mittlerweile schauen die Spiele aus wie damals auf der PlayStation 2. Der Download läuft schnell und einfach, das Angebot ist riesig und wächst täglich. Wenn wir uns an das nGage erinnern, wäre eine Weiterführung von dem Trend, den 1989 der GameBoy gestartet hat bei den Mobile-Spielen durchaus denkbar gewesen. Bis auf ein paar Ausnahmen ist das aber nicht eingetreten - stattdessen haben wir Farm Ville und Candy Crush Saga. Was ist schief gelaufen?
Für Handy/Tabletbesitzer waren die Spiele auf ihren Geräten immer ein nettes Extra. Durch die Konnektivität von Smartphones und Tablets war die Erweiterung des Angebotes durch Downloads naheliegend. Aber für ein "nettes Extra" bezahlen wollte niemand so wirklich. Die Gratis-Downloads steckten ihre kostenpflichtigen Kontrahenten daher in die Tasche. Geld wurde durch Werbung oder zusätzliche Inhalte generiert. Bald wurden Entwickler jedoch darauf aufmerksam, dass diese In-App-Käufe gut ankamen. Ein paar Euro in einen kostenlosen aber lange gespielten Titel zu investieren ist schließlich nicht verkehrt. Leider gab an diesem Punkt die Gier der Entwickler den Ton an - die käuflichen Punkte wurden mehr, die Mechaniken der Spiele darauf abgestimmt. Wer weiter kommen möchte, muss zahlen. Ein System, das unabhängig vom Genre des Spieles einsetzbar ist.

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90 Euro für Ingame-Währung? Dann doch lieber in das Original um knapp fünf Euro investieren.

Leider hat es auch klassische Spieleserien wie Dungeon Keeper und Roller Coaster Tycoon getroffen. Beide sind im Besitz von Electronic Arts, welche den Franchises jeweils eine Mobil-Variante spendiert haben. Eigentlich sollten die Geek-herzen höher schlagen, wenn man solche Perlen der Spielegeschichte jederzeit mit sich führen kann. Das Problem an der Sache ist allerdings, dass die Inhalte hinter einer Paywall versteckt wurden. So muss man in Dungeon Keeper mehrere Stunden warten, bis ein Felsblock abgetragen wird - außer, man zahlt. Dementsprechend vernichtend waren auch die Kritiken für den Titel. Ein Blick in die Google Play und Apple Store Seiten macht jedoch einen anderen Eindruck: Vier beziehungsweise dreieinhalb Sterne gibt es für den Titel mit optionalen Ingame-Käufen von bis zu 90 Euro. Die Stimmen der Kritiker gehen unter, die Nutzer laden den Titel herunter und löschen ihn sobald es keinen Spaß mehr macht. Grob gilt hier die 100/10/1-Regel: Bei 100 Downloads spielen 10 Leute den Titel längerfristig, wovon einer zahlt. Diese Person - Schande über sie - finanziert die mutwillige Dekonstruktion eines Klassikers. Der Rest verliert schlimmstenfalls nur etwas Zeit, schließlich war die App ja gratis. Da dieses Konzept mehr als nur gut funktioniert, gibt es entsprechend viele Nachahmer. Wer hier nur an Facebook-Spiele denkt, verpasst aber etwas.

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Für 15 Euro kriege ich fünf Rüstungen für mein Pferd!

Electronic Arts hat sich mit kostenpflichtigen Inhalten für Dead Space 3 und die jüngeren Vertreter der Battlefield-Serie ebenfalls nicht mit Ruhm beschmutzt. Während man im SciFi-Shooter Material für den Bau von Waffen und Munition kaufen konnte, lassen sich für den faulen Bürosessel-Soldaten sämtliche freischaltbaren Inhalte in Battlefield erwerben. Seitens EA hieß es, dass "die Leute mittlerweile gewohnt sind, solche Käufe zu tätigen." Danke für die Sorge um die Kunden...
Auch Assassin's Creed (Ubisoft) und aktuell Evolve (2K) halten ein paar unangenehme Überraschungen für die Käufer dieser Vollpreis-Titel bereit. Assassinen zahlen für Ingame-Währung während auf fernen Welten ein Monster 15 Euro kostet. Gamer, die für ihre 50 bis 70 Euro ein fertiges Spiel erwarten, werden bereits am Release-Tag für fertige Inhalte weiter zur Kasse gebeten. Versteht mich nicht falsch - grundsätzlich ist an DLCs nichts auszusetzen. Im Idealfall sollten diese aber nachgereicht werden und zu einer verlängerten Lebenszeit des Spiels beitragen. Genau das geschieht nicht mehr. Statt Spielen erhalten wir spielbare Verkaufsplattformen.
Ein positives Beispiel sind kostenlosen Moba-Spiele wie League of Legends, Defense of the Ancients oder Heroes of the Storm (und viele andere), wo Inhalte freigespielt oder gekauft werden können. Zwar gibt es auch hier Extras, die nur mit echtem Geld freischaltbar sind - dabei handelt es sich aber um kosmetische Änderungen für die Spielfiguren und Erfahrungs-Boosts. Um letzteres kann man sich streiten - angesichts der Tatsache, dass man auch ohne gut über die Runden kommt habe ich persönlich damit kein Problem. Wenn die Spiele etwas kosten würde, sähe das anders aus.
Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass wir als Konsumenten wieder mal mit unserer Brieftasche abstimmen müssen, was bei Titeln mit dem entsprechenden Hype dahinter jedoch nicht wirklich funktioniert. Hoffentlich entpuppen sich die herunterladbaren Inhalte als Flopp und wir sehen solche Ausreißer in die Geschäftspraktiken der Mobile-Spiele bald nicht mehr in großen Titeln. Mit etwas Glück schauen wir in einigen Jahren zurück, zocken Retro-Games wie Evolve und wundern uns, was die Entwickler sich damals dachten.

Wer mehr zu dem Thema wissen möchte, ist mit den mittlerweile drei Videos von Extra Credits gut aufgehoben. Jetzt aber zu euch - habt ihr schon Geld für Microtransaktionen in Mobile-Spielen oder Free2Play-Titeln auf dem PC ausgegeben? Was haltet ihr von solchen Geschäftspraktiken bei Vollpreis-Titeln?
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