Mit meiner Stahlblase war der 0,75l Becher zum Glück kein Problem
OV ist sehr empfehlenswert und gut verständlich. Eine witzige Szene wartet nach den Credits auf uns
Der Film ist nicht vergleichbar mit bisherigen Tarantinofilmen. Ich glaube wer einen Django oder Basterds erwartet wird vor den Kopf gestoßen, aber wem ein Jackie Brown gefallen hat, der ist hier richtig. Ich bin leider zu jung und nicht stark genug verwoben mit der Epoche in der der Film spielt. Es ist eine Liebeserklärung an das Hollywood von damals und man befindet sich durchgehen 1:1 in dieser Zeit ohne irgendwann herausgerissen zu werden. Das Straßenbild, die Geschäfte, die Kleidung, die Sprache oder wie die Figuren dann auch einfach mal da sitzen und sich zu zweit etwas im damaligen Fernsehen ansehen saugen einen ein und versetzen den Zuschauer in der Zeit zurück.
Trotz des riesigen und schillernden Cast dreht sich in Wirklichkeit alles um Rick Dalton(DiCaprio) und Cliff Booth(Pitt), während jeder noch so große Name zum Beiwerk wird. Das ist nicht weiter schlimm, aber wer jetzt denkt, dass ein Pacino oder Perry dort eine Performance hinbrettern wie zB Walken in Pulp Fiction oder Hopper in True Romance, der wird enttäuscht. Trotzdem ist die Rolle von Pacino einen Schmunzler wert und eine Zoe Bell und ein Kurt Russel bleiben auch definitiv in Erinnerung. Dadurch wie(imo klug) Sharon Tate im Film eingebaut ist muss sich Robbie ebenfalls etwas beschränken.
Man zeigt uns Tate so, dass wir sie absolut liebenswert finden und uns immer wieder darüber Sorgen machen, wie sie gestorben ist oder im Film sterben wird. Besonders am Abend des Verbrechens passiert ein harter Cut, der durch die ständigen Zeiteinblendungen untermauert wird. Immer näher rückt das Unvermeidliche. Die schwangere und verletzliche Tate ohne ihrem Mann, der von Drogen eingeschränkte Cliff, der im Pool mit Kopfhörern treibende Rick,.. man denkt die Mörder erwischen unsere liebgewonnenen Freunde zum schlechtesten Zeitpunkt.
Aber alles halb so wild, denn die 2 Hauptfiguren sind ein absoluter Traum. Dalton als Schauspieler am absteigenden Ast, sein Alkoholismus, die Selbstzweifel und das Selbstmitleid werden herrlich von DiCaprio verkörpert. Vielleicht hat er auch die beste Szene seines Lebens, als er am Filmset einem Mädchen imponieren möchte und sich noch einmal zusammenreißt - Oscar anyone? Am Ende des Films muss ich aber trotzdem sagen, OMFG wie endlos geil hat der alte Pitt hier den lässigsten Typen der Welt gespielt. Man schaut ihm bei Hausarbeiten zu, wie er seinen Hund füttert oder wie er einfach durch Los Angeles fährt... und trotzdem weiß man hier hat man es mit der coolsten Socke überhaupt zu tun. Und zwar nicht prolomäßig cool(wie Aldo), sondern einfach nur erhaben, nur das Nötigste sagend. Bei Cliff reicht eigentlich der Blick alleine. Er bekommt auch heldenhafte Szenen und ein dunkles Kapitel seiner Vergangenheit wird in einer Rückblende innerhalb einer Rückblende gezeigt und bringt dabei den ganzen Saal zum Lachen, wobei man sich fürs Lachen auch ein bisschen schämt
Auch weil man diesem Cliff einfach alles verzeihen würde.
So wird der Film am Ende vermutlich trotzdem vielen nicht gefallen. Es ist sehr leicht sich auch nach 30-40 Minuten im Film noch immer etwas verloren zu fühlen. Es gibt keine klare Erzählstruktur oder die klassischen 3 Akte, es fehlt der klare Bösewicht, etc. also ist es sehr leicht möglich, dass der Zuschauer einfach aussteigt. Tarantino kümmert das scheinbar nicht. Er hat schon zu Zeiten von True Romance und Pulp Fiction Drehbücher geschrieben, die nur mit mehrstündigen Filmen umsetzbar gewesen wären und düfte sich mit Once upon a Time in Hollywood ziemlich an die Grenze des machbaren oder vom Publikum akzeptierbaren herangetastet haben. Er hat hier im Grunde 2 Figuren bis ins letzte Detail ausgearbeitet und versetzt sie in ein markantes Setting, wobei die Figuren immer das sind worum es geht. Nicht Manson, nicht Tate, sondern Rick und Cliff und vor allem ihre großartige Männerfreundschaft.
Ich würde mir den Film sehr gerne nochmal zu Hause auf der Couch ansehen und die Details von Los Angeles im Jahr 1969 nochmal mit der Pause/Rewind Taste einsaugen
die Restaurants, die Mode und vor allem die vielen alten Autos
freu mich schon auf den BR Release und werde am Wochenende mal wieder Jackie Brown aufdrehen.