Spoiler, Gespräche über Serien die man nicht kennt und über Filme, die der Gesprächspartner nicht gesehen hat - Peinlichkeiten, die sich mit einem
Realitätsabgleich vermeiden lassen. Ein mehr als notwendiger Teil der Gesprächskultur unter Gleichgesinnten ist die Abstimmung auf den aktuellen Stand des Gegenübers. Schließlich gilt: Du bist, was du
isst schaust.
Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Serien-Geek bin.
Game of Thrones, Breaking Bad, How I met your Mother - ich hatte sie alle. Dementsprechend sieht auch ein Gespräch über dieses Thema mit mir aus. Zwangsläufig wird dabei auch die Frage “Sag mal, kennst du <Serie>?” vorkommen. Ein Satz, dessen Variationen nicht nur mein Dasein als Serien-Junkie enorm erleichtert. Abhängig von der Antwort meines Gegenübers kann ich unser Gespräch vertiefen, das Thema wechseln oder in manchen Fällen sogar eine Empfehlung aussprechen. Ein tragendes Element der Gesprächskultur unter Gleichgesinnten also. Machen wir uns also ein paar Gedanken zu diesem gesprächstragenden Satz.
Heute sind Filme und Serien in verschiedenen Formen einfach erhältlich. Egal, ob beim Kinobesuch, im Fernsehen, auf DVDs und BluRays, beim Streamen auf legalen und weniger legalen Seiten oder sogar auf YouTube - Filme und Serien sind eine Massenware. Das ist nichts Neues, schon in den 90ern gab es volle Regale in den Videotheken. Diese Treffpunkte gibt es nicht mehr (oft), die Konsumwege sind anders und vielfältiger geworden. Gleich ist eines geblieben: Unser
Medienkonsum definiert uns. Das hat sich sogar auf die Geschlechterrollen niedergeschlagen. Während er lieber den knallharten Action-Blockbuster mit dem testosterongetriebenen Muskelberg schaut, heult sie sich eher zur neuen romantischen Komödie mit dieser echt süßen Soap-Schauspielerin und den schnuckeligen Typen an ihrer Seite an. Medien als Form der Identifikation mit einer Idee - zum Beispiel einem Film-Genre oder einem Rollenbild - hat eine fixe Relevanz in unserer
Gruppendynamik erlangt. Der Konsum gleicher Filme oder Serien bieten Themen für Gespräche, die das Miteinander festigen.
Videotheken damals und heute. Ein Realitätsabgleich dieser Art hat in Zeiten der sozialen Medien ohnehin einen mehr oder weniger verpflichtenden Status erreicht. Das verbale “Gefällt mir” wirkt fast standardisiert in diesem Zusammenhang - schließlich ist man bereits auf einer Wellenlänge mit dem Gegenüber und muss sich langwierige Erklärungen warum die Serie/der Film so toll ist sparen, oder man findet keine Gemeinsamkeit und braucht daher ohnehin nicht über die aktuelle Folge/den aktuellen Teil sprechen. Bei Serien kommt ein weiteres Element dazu: der Stand des Gesprächspartners. Denn wehe, man spoilert die aktuelle Folge oder schlimmer noch den Plottwist am Ende der letzten Staffel, welche der Andere noch nicht gesehen hat.
Hier lässt sich der Bogen zu den sozialen Medien endgültig spannen. Zwar haben Facebook und Konsorten ein Verzeichnis für ihre Nutzer, welche Serien und Filme sie schauen - wirklich nützlich ist dieses jedoch nicht. Die digitale Vertretung der Film- und Serienfans bietet zwar einen groben Überblick, welchen Geschmack die Seitenersteller haben, für den alltäglichen Realitätsabgleich reicht das jedoch nicht. Nur, weil jemand eine vollständige Liste an gesehenen Filmen und Folgen hat, heißt das nicht, dass diese auch gelesen wird. So erfüllen die “Simulationen der sozialen Interaktion”, wie sie von ihren Schöpfern konzipiert wurden, nicht auf allen Ebenen ihren Zweck. Es wird also bei der klassischen Frage bleiben: “Sag mal, kennst du…”
Spoilers? In MY In Your Face Friday?
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