Beschäftigen wir uns heute mit einem Ding, das wir über die Zeit nicht nur außerordentlich ins Herz schließen konnten, sondern höchstwahrscheinlich gerade auch vor uns liegen haben. Die Rede ist von eurer Tastatur, das mit Abstand beliebteste Eingabegerät eines Nerds.
Tak! Tak! Tak! Tak!
Seine Ursprünge hat die Computertastatur bei der Schreibmaschine, wie unschwer zu erkennen ist. Selbes Tastenlayout, gleiche Ergonomie und noch werden eckige Tasten gedrückt, um Buchstaben, Zahlen und Symbole einzugeben. Historisch betrachtet hat es allerdings einige Experimente gebraucht, bis wir zu den aktuell gängigen Konventionen gekommen sind. Das erste Patent für eine Schreibmaschine gab es nämlich schon 1714, beantragt vom Wasserversorgungs-Ingenieur Henry Mill. Großen Erfolg hatte dessen Erfindung zum Abschreiben von Briefen allerdings nicht, eine Massenproduktion oder gar einen Markt für ein solches Gerät suchte man damals vergeblich. Es blieb eine Idee auf dem Patentschein; ganz im Gegensatz zu der Konstruktion von Pellegino Turri, einem italienischen Bastler. Dieser kam 1808 dem Wunsch der Gräfin Carolina Fantoni da Fivizzono nach, ein Gerät zu bauen, mit dem sie schreiben konnte. Die Adelsdame war nämlich blind und brauchte daher eine Schreibhilfe. Hier kam auch erstmals das Konzept eines Farbbandes zum Einsatz, das zwischen die beweglichen Letter und dem Papier gespannt wurde. Natürlich funktionierte das noch nicht wie bei den uns bekannten Maschinen - man musste die Streifen noch von Hand austauschen. Auch die Anordnung der Buchstaben war noch nicht wie beim modernen Keyboard. Ähnliches Konzept, aber auch noch weit von den uns verwendeten Layouts entfernt, war 1839 die Konstruktion von Pierre Foucauld. Auch dieser war blind und entwickelte die Maschine für seine Zwecke.
Ein Modell von 1864, gebaut vom Österreicher Peter Mitterhofer.
QWERTZ
Bis zur Massentauglichkeit dauerte es jedoch noch ein bisschen. Auch die 1864 vom Tiroler Peter Mitterhofer entwickelten Modelle mit Farbband und Rücktaste erreichte nie die Serienreife. Ein wirklich der Öffentlichkeit zugängliches Produkt jenseits der Bastlerstuben machte hingegen einen eher abgedrehten Eindruck: Die Schreibkugel aus Dänemark fand dennoch erstmals zahlreiche Abnehmer in ganz Europa. Der Erfinder Malling Hansen arbeitete - passend zu der bisherigen Entwicklung des Gerätes - am Taubstummen-Institut. 1875 fand sich der erste österreichische Abnehmer, der sogar teils elektrisch betriebenen Apparatur in Wien. Den uns bekannten Schreibmaschinen ähnlicher sahen die Modelle des US-Herstellers Remington - ja, der Waffenhersteller Remington stellte auch Schreibmaschinen her. Die Feder ist eben mächtiger als das Schwert. Nach heutigen Standards wäre das Gerät aber eher etwas für Schreihälse gewesen, Capslock war nämlich dauerhaft eingeschaltet und es konnten nur Großbuchstaben geschrieben werden. Spätere Modelle besaßen eine “Volltastatur”, was soviel hieß, dass jeder Buchstabe zwei Mal vorhanden war - jeweils als Groß- und Kleinbuchstabe. Besonders daran war allerdings das Layout der Tasten. Die am meisten verwendeten Buchstaben der englischen Sprache wurden in einem für die Fingerspitzen leicht erreichbaren Halbkreis angeordnet. Für die linke Hand waren das A, E und T, während die rechte Hand N, I und O übernahm. Was aus heutiger Sicht eher unpraktisch wirkt, geht auf die mechanische Natur der Maschinen zurück. Ein einfacher Druck mit der Fingerspitze reichte damals nicht, es musste schon auf die Tastatur richtiggehend eingehämmert werden, um den Buchstaben auf Papier zu drucken. Der Rest der Tasten wurde ebenfalls sorgfältig angeordnet: Häufig auftretende Kombinationen trennte man mechanisch möglichst weit voneinander, damit sich die beweglichen Letter nicht ineinander verhakten. Interessanter Fakt: Beim englischen Layout befinden sich alle Buchstaben des Wortes “Typewriter” in der ersten Reihe. Uns vermasselt der Austausch von Z und Y dieses Überbleibsel von vergangenen Tagen. Warum die letzten beiden Buchstaben unseres Alphabets die Plätze getauscht haben? Ganz einfach: Das Z kommt im Deutschen öfter vor, als das Y im Englischen. Die Letter-Rochade diente also der erfolgreichen Lokalisierung des Layouts. Dazu kamen Eigenheiten wie die Umlaute und das scharfe “ß” und fertig war die QWERTZ-Tastatur! Erst um die Jahrhundertwende sahen die Geräte aus, wie wir sie heute (vielleicht) noch kennen. Systeme aus Federn oder teils sogar elektrische Anschlaghilfen erleichterten allerdings dann schon das Schreiben und erhöhten die Anschläge pro Minute.
Ein heißes Eisen war die Schreibmaschine der Marke Remington.
Die erste Elektrifizierung von Tastaturen erfolgte nicht etwa erst mit dem Computer. Nein, davor waren Fernmeldemaschinen bereits mit elektrischen Schreibmaschinen ausgestattet. Der getippte Text wurde über Telegrafenleitungen gesendet und am Zielort von einer baugleichen Maschine getippt. Im Computerzeitalter kam das Keyboard mit dem ersten Digitalrechner von Konrad Zuse aus dem Jahr 1941. Dem Z3 Computer war allerdings keine lange Lebenszeit vergönnt, bereits zwei Jahre nach dessen Konstruktion wurde er bei einem Bombenangriff zerstört. Die Verbindung Rechner und Tastatur wurde jedoch in der Praxis erfolgreich getestet und wurde ein wahres Traumpaar. Da Computer jedoch ungleich komplexer sind als Schreibmaschinen, wurden immer wieder Zusatzknöpfe dem bekannten Layout hinzugefügt. Während die Shift- und Tabulator-Tasten auf gängigen Analogtastaturen zu finden waren, hätten die Knöpfe F1 bis F12 auf den mechanischen Geräten wenig Sinn gemacht. Aus den Tastenfeldern mit 83 Elementen wurden im Laufe der Jahre also 108 Tasten starke Keyboards - IBM sei Dank! Diese sorgten mit einem durchgängigen Design für eine Standardisierung des uns bekannten Layouts. Bis in die Achtziger hinein gab es bei der Konkurrenz Peripheriegeräte, die heute eher unpraktisch und alt wirken. Die Tastatur des Commodore 64 war ja noch nachvollziehbar, aber wie man das 10-Finger-System auf einem Sinclair ZX81 anwenden hätte sollen, ist uns ein Rätsel. Viele PC-Tastaturen sind seit 1995 mit den Windows-Tasten versehen, welche mit dem Betriebssystem Windows 95 eingeführt wurden. Das Apple-Gegenstück war übrigens schon 1980 beim Apple III zu finden. Sehr kreativ, Microsoft ...
Eine Nachbildung der Z3 Rechenmaschine von Konrad Zuse.
The Good, The Bad and the Folientastatur
Da wir nun einen geschichtlichen Überblick haben, können wir uns ja nun den Exoten unter den Tastaturen widmen. Fangen wir ganz simpel mit der Folientastatur an. Schlank und ohne Zwischenräume waren die Bedienfelder von Atari 400, Magnavox Odyssey 2 (eigentlich eine Spielekonsole) und zahlreichen Modellen des Herstellers Sinclair. Und damit waren sie ihrer Zeit wohl ein bisschen voraus. Das fehlende haptische Feedback machte das Schreiben ungewohnt, man spürte einfach zu wenig beim Schreiben. Der heilige Gral der Keyboard-Fetischisten ist nämlich der Druckpunkt - die Stelle, an der die Taste mit dem Gegendruck nachlässt und den ihr zugeordneten Befehl an den angeschlossenen Rechner sendet. Genau das war bei Folientataturen nicht vorhanden. Heute sehen wir ein ähnliches Problem beim Touchscreen ohne Feedback. Die Vorteile der Fummelbildschirme überwiegen jedoch, sodass man drüber hinweg sehen kann. Aber dazu kommen wir noch früh genug in unserer nächsten Ausgabe. Jetzt wollen wir mal bei reinen Tastaturen bleiben und zwar bei alternativen Layouts. QWERTZ und QWERTY kennen wir ja schon und wir wissen ja auch, dass es eigene Tastaturen für andere Schriftarten wie Japanisch oder Kyrillisch (Russisch) gibt. Aber habt ihr schon Mal eine AZERTY-Tastatur gesehen? Nein? Dabei kommt diese sogar aus Europa! Ursprünglich aus Frankreich - das Layout ist auf die französische Sprache und ihre Sonderzeichen ausgelegt - fand diese Variante Verwendung in zahlreichen französischsprachigen Ländern wie Kanada, Belgien oder Teilen Afrikas. Sprachoptimiert sind auch Layouts wie Neo (für Deutsch), Bépo (für Französisch) oder die alten türkischen oder sowjetischen Varianten. Nicht sprachspezifisch sondern ergonomisch orientiert ist Dvorak. Schon 1936 entwickelt, basiert das Schreiben auf dieser Tastatur auf reiner Faulheit - man sollte die Finger doch möglichst wenig bewegen. In der “Heimreihe” (die mittlere Buchstabenreihe) sind links alle Selbstlaute angeordnet und rechts die fünf meistgebrauchten Buchstaben in Deutsch und Englisch. Das Resultat ist, dass in dieser Zeile mit siebzig Prozent doppelt so viel geschrieben wird wie beim herkömmlichen Layout. Praktisch? Ja! Mainstream-Fähig? Leider nein, denn das von uns verwendete Tastenfeld hat sich schon zu sehr etabliert, als das es noch ernstzunehmende Konkurrenz bekommen könnte. Ähnlich geht es der Colemak-Tastatur, eine Mischung aus Dworak und QWERTZ und damit zumindest etwas einfacher zu erlernen.
Die Dworak-Tastatur: Wartmal ... WAS?
Alle bisher besprochenen Varianten nutzen zwar verschiedene Anordnungen, sind aber auf demselben Plastikbrett angebracht. Schauen wir uns also an, was es an formkreativen Alternativen gibt. Im Sinne der Ergonomie gestaltet die Firma Maltron erstklassige Schreibskulpturen. Da ist das gebogene Dual 3D Keyboard mit seinen gebogenen Tastaturflächen ja noch harmlos, aber nicht weniger ungewöhnlich. Wirklich abgedreht wird es erst bei den Ein-Hand-Tastaturen, die sogar für Links- und Rechtshänder verfügbar sind. Demnächst lerne ich, wie man auf den Teilen schreibt, kaufe mir ein Paar und schreib dann zwei Artikel gleichzeitig. Obwohl, warum dann nicht gleich eine Datahand? Dieses Stück Schreibtechnologie von 1995 kann nicht nur durch eine ergonomische Auflagefläche begeistern, sondern auch den Bewegungsaufwand auf ein Minimum reduzieren. An den Fingerspitzen sind Steuerkreuze angebracht, die jeweils einem Buchstaben zugeordnet sind, die Daumen übernehmen Tasten wie Shift und Tab. Wirklich verrückt, oder? Aber noch lange nicht alles, was der Bereich zu bieten hat. Noch einen Schritt weiter das Virtual Lazer Keyboard. Es punktet nicht nur mit dem Design des Monolyth aus 2001: A Space Odyssey, sondern verwandelt prinzipiell auch jede ebene Oberfläche in eine Tastatur. Ein bisschen überholt ist dieses Lichtspiel dennoch - für Rechner zu unpraktisch, für Mobiltelefone veraltet und für Laptops unnötig.
Eine Kuriosität haben wir noch für euch: Er ist der mit Sicherheit kostspieligsten Kandidat in dieser Aufzählung von Kuriositäten und höchstwahrscheinlich habt ihr schon davon gehört, denn wir haben damals auch gerne darüber berichtet (um uns zu amüsieren *hust*). Die Tastatur hört auf den Namen Optimus Maximus und macht jede einzelne Taste zu einem kleinen OLED-Bildschirm mit einer Auflösung von 48 x 48 Pixeln. Beim Druck auf die Shift-Taste werden Großbuchstaben statt ihren kleinen Geschwistern eingeblendet, Tasten können beliebig konfiguriert und auch entsprechend mit eigenem Icon versehen werden und die Spieldauer des aktuellen Liedes wird ebenso problemlos nebenbei von der Tastatur wiedergegeben. In der Praxis könnten so zum Beispiel beim Öffnen eines Videoschnittprogrammes gleich die Spezialfunktionen auf der Tastatur eingeblendet werden. Kostenpunkt? 1.600 US-Dollar. Darum bekommt man schon einen vernünftigen Rechner. Da greifen wir dann doch lieber zu “Das Keyboard”. Es ist zwar das genaue Gegenteil vom Optimus Maximus, aber genau dadurch hat es seinen Reiz. Seine Tasten sind nämlich absichtlich überhaupt nicht beschriftet und müssen auswendig gedrückt werden. Neben dem simplistischen Design und dem angenehmen Druckpunkt kann man sich somit das Runterschauen auf die Tastatur komplett sparen und dadurch besser arbeiten. Definitiv für Nerds!
Das ThinkGeek-Präsentationsvideo zur Optimus Maximus.
Zum Abschluss dieses Teiles möchte ich, dass ihr eure Tastatur (im Falle des Autors eine Logitech G15) einmal genau anschaut und deren schlichtes oder vielleicht auch ausgefallenes Design betrachtet. Würdigt die kleinen Erhebungen auf der unteren Seite der F- und J-Tasten mit etwas Aufmerksamkeit, denn sie helfen euren Zeigefingern, die sogenannte Ausgangsposition auch blind zu finden. Bemerkt, wie klobig die Enter-Taste doch eigentlich ist und wie gerne man trotzdem draufhämmert. Und tippt doch auch mal auf dem Numpad rechts etwas ein. Es wird einfach zu selten genutzt und ist deshalb schon schwer beleidigt. Das wollt ihr doch nicht, oder?
Ich mag jedenfalls meine Tastatur, schließlich habe ich die meisten Artikel für euch darauf getippt. Auf ihr habe ich gezockt, gechattet, gebloggt und geschlafen. Für alles bin ich ihr dankbar ...
Dieser Artikel wurde auf einer Logitech G15 geschrieben.
Fortsetzung folgt! Demnächst nehmen wir uns die Maus zur Brust.