Also ich meld mich doch mal zu Wort, obwohl ich mich da eigentlich raushalten wollte ... es juckt einfach zu sehr.
Vorbemerkung: Ich bin für Abfangjäger, gefühlsmäßig wär ich eher für den Gripen gewesen, Eurofighter ist aber vermutlich die schlauere Entscheidung, insgesamt.
Zum Thema russische Flugzeuge kaufen: Die Russen hätten nur max. 50% Schuldentilgung angeboten, also nix mit kostenlosen Fliegern. Den Schuldentilgungsanteil hätte das Bundesheer trotzdem an den Finanzminister zahlen müssen, weil die Russen ja beim Staat Schulden haben und nicht beim Heer (ist zwar IMHO eine Augenauswischerei, aber so ist das halt mal). Nächster Nachteil der russischen Lösung: Die Russen tun sich hinsichtlich Umweltschutz (in jeder Hinsicht) net so sehr viel an, die Flugzeuge wären im Betrieb teurer und bei der Bevölkerung und bei der Opposition noch unbeliebter gewesen als Eurofighter/Gripen (Lärm, Verbrauch, Schadstoffe). Wie's mit Ersatzteilen und Support seitens der Russen ausschaut steht auch eher in den Sternen, dem Staat und den Firmen geht's dreckig, politische und soziale Lage eher instabil ... net so das feinste also. Zwecks Interoperabilität (Zusammenarbeitsfähigkeit mit anderen Armeen, in dem Fall) hätten die Flugzeuge außerdem auf westliche Standards umgerüstet werden müssen (teuer, Kompatibilitätsprobleme ... versucht doch mal einen Athlon in einem Intel-Board ordentlich zum Laufen zu kriegen).
Einziger Lichtblick am russischen Himmel: Die Deutschen hätten schon Erfahrung mit der Mig 29 und deren Integration in eine NATO(kompatible) Armee, da hätte man Know-How bekommen können.
Zur F16 gibt's eigentlich nicht viel zu sagen, ein recht beliebter Flugzeugtyp, vom Grundkonzept her aber doch schon deutlich älter und die Amis arbeiten ja schon intensiv an den Nachfolgern => Zukunft ungewiß, 30 Jahre sind selbst bei Militärflugzeugen eine lange Zeit. Ganz nebenbei haben sich die Amis nicht wirklich viel um die Ausschreibungsbedingungen gekümmert, typische US-Arroganz eben. Über den Status, den Österreich als Kunde da gehabt hätte kann sich jeder selbst Gedanken machen.
Der letzte Punkt bei der F16 wär gleich mal ein Pluspunkt für den Gripen, das Bundesheer arbeitet seit vielen Jahren sehr intensiv und gut mit Saab zusammen. Von den Eckdaten her wäre der Gripen für Österreich IMHO wohl besser geeignet als der Eurofighter, der Gripen ist deutlich kleiner und leichter, kann auf jeder besseren Bundesstraße landen, die auf ein paar hundert Metern grade ist und ist sehr wendig (mich persönlich haben die Platzrunden beim letzten Flugtag doch recht beeindruckt).
Nachteilig für den Gripen und gleichzeitig ein Vorteil für den Eurofighter ist die Verbreitung. Der Gripen wird wohl bei weitem nicht die Stückzahl eines Eurofighter erreichen. Geringere Verbreitung (Stückzahl/Anzahl der Kunden) bedeutet gleichzeitig weniger Möglichkeiten und Anreize das Produkt weiterzuentwickeln. Es macht schon einen heftigen Unterschied, ob ich irgendein neuartiges Waffen-, Gegenmaßnahmen- oder Sensorsystem für viele Kunden und viele Flugzeuge entwickle oder nur für eine Hand voll. Durch das Eurofighter-Konsortium und die Länder, die dahinter stehen (allesamt NATO-Staaten), ist auf der Plattform sicher mehr Innovation zu einem besseren Preis zu erwarten.
Wer sich jetzt über zu viel Hang zur NATO aufregt sollte bedenken: Auch wenn es ganz offensichtliche Probleme und Gefahren damit gibt sich an ein Bündnis anzuhängen (sei es auch nur Waffentechnologisch) das von einer einzigen Großmacht sehr stark beeinflußt wird, die Standards haben sich einfach durchgesetzt bei internationaler Zusammenarbeit im militärischen Bereich (Kommunikation, Logistik, Munition, teilweise Ersatzteile). Da multinationale Manöver und friedensschaffende bzw. -erhaltende Missionen immer häufiger werden stellt das einen nicht unwesentlichen Faktor dar.
Aja, ich hätte da auch noch einen Nachteil für den Eurofighter: Als multinationales Projekt ist dabei natürlich auch eine Menge Politik im Spiel (die wohl recht wahrscheinlich auch die Entscheidung beeinflußt haben dürfte), damit werden oft politische Entscheidungen über technische, wirtschaftliche oder militärische Anforderungen gestellt.
Alles in allem hat mich die Entscheidung eigentlich überrascht, hätte mir nicht gedacht, daß sie tatsächlich den Mumm haben das so "flott" durchzuziehen, noch dazu mit dem teuersten Angebot. Naja, die Entscheidung über die
Anzahl ist ja noch nicht gefallen (laut ZiB von 13 Uhr), vielleicht gibt's da noch eine Überraschung.
Zur Sinnhaftigkeit von Abfangjägern und Alternativen generell nehm ich jetzt lieber nicht Stellung, darüber kann man viel zu gut streiten.
Zu dem Thema hat's schon seit Jahren eine Menge Stellungnahmen und Meinungen gegeben die teilweise einfach nur lächerlich waren (Raketen z.B.), ebenso zur generellen Sinnhaftigkeit des Bundesheeres als militärische Institution (also nicht als reiner Katastrophendienst).
So, das wär's für's erste, ich brems jetzt mal lieber wieder, obwohl ich grad gut in Fahrt wär. Meine Ausführungen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und uneingeschränkte Richtigkeit, allerdings habe ich mich mit dem Thema schon einigermaßen intensiv beschäftigt.
EDIT: Ein paar meiner Argumente sind in der Zwischenzeit schon gepostet worden, hab wohl zu lang(sam) getippt.
Und mit ist net sehr fad, falls mal wieder wer fragen will.