Ich hab mich aus eigenem Interesse jetzt schon lang damit beschäftigt, in welchem Fall man als Haushalt welche Rundfunkgebühren (aka "GIS") zahlen muss. Mittlerweile hab ich imho ein recht gutes Verständnis und hab eine ein paar FAQs zusammengeschrieben denn es kursieren viele Mythen und Legenden, die oft nicht richtig sind.
1 .Wann muss ich Rundfunkgebühren zahlen?Laut
Rundfunkgebührengesetz §2 ist man dazu verpflichtet Gebühren zu zahlen, sobald man eine "Empfangseinrichtung" besitzt die betrieben wird oder "betriebsbereit" ist. Was "betriebsbereit"
genau bedeutet wird nicht erläutert. Aber es ist im Zweifel davon auszugehen, dass wenn man beispielsweise irgendeine Art von DVB-Receiver im Kasten hat, ihn aber nicht benutzt, dass dieser trotzdem als betriebsbereit gilt und daher gebührenpflichtig ist (außer er ist kaputt).
2. Was ist eine "Empfangseinrichtung"?Laut
Rundfunkgebührengesetz §1 alles, was Rundfunk akustisch oder visuell wahrnehmbar machen kann. Dazu zählen durch die eingebauten Receiver (normalerweise, s. u.) Fernseher und alle Radios.
3. Aber ich schau nie fern mit meinem TV! Was kann ich machen, damit ich keine Gebühren zahlen muss?Wenn der TV eingebaute Tuner hat, was in 99% der Fälle so ist, kann man sich beim Elektriker seines Vertrauens die Tuner unbrauchbar machen lassen, so dass das Gerät die Definition des RGG §1 nicht mehr erfüllt. Das bedeutet meistens sie einfach auszubauen was automatisch einen Garantieverlust mit sich bringt. Die zweite Möglichkeit ist, sich ein sogenanntes Public Viewing Display anstatt eines klassichen Fernsehers zu kaufen. Das sind spezielle Displays in Fernsehergröße die keine eingebauten Tuner haben. Leider sind diese im Vergleich zu normalen TVs recht teuer und haben gleichzeitig weniger Features. Beamer sind wegen der fehlenden Tuner sowieso nicht gebührenpflichtig.
3a. Reicht es die Antennenbuchse eines Empfangsgeräts zu beschädigen?Ich weiß es nicht. Im Zweifel gilt daher "nein".
4. Muss ich für meinen PC Gebühren zahlen?Nein. Das heißt, für die GIS trifft die Definition für "Empfangseinrichtung" laut RGG §1 ja eigentlich auch auf PCs zu. Man kann nämlich nach deren Argumentation jederzeit ein Internet-Radio aufrufen und so das, was per Rundfunk gerade synchron ausgestrahlt wird, anhören. Aber im Juli 2015 hat der
Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass PCs die Definition laut RGG §1 nicht erfüllen.
Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn man einen PC mit DVB-Karten austattet. Dann ist er wieder ein klassisches Empfangsgerät und gebührenpflichtig.
5. Muss ich für mein Autoradio Gebühren zahlen?Nein. Die
FAQs der GIS sagen "Der Rundfunkempfang außerhalb von Gebäuden ist gebührenfrei".
6. Muss ich für mein Handy Gebühren zahlen?Laut GIS ("Müssen portable Geräte gemeldet werden?") sind Handys und Smartphones mit UKW-Empfang tatsächlich gebührenpflichtig!
Jedenfalls theoretisch...7. Ich hab gehört, dass ich schon Gebühren zahlen muss, sobald ich nur im Empfangsgebiet wohne, unabhängig vom Besitz eines Empfangsgerätes!Das ist falsch und kommt oft von einer falschen Auffassung der Gesetzestexte. Im
ORF-Gesetz §31 Abschnitt 10 steht tatsächlich, dass man Programmentgelt zahlen
muss sobald man im abgedeckten Gebiet wohnt. Aber genau das ist auch das, was manche Leute falsch auffassen. Wenn man sich eine Rechnung der GIS genau anschaut, dann sieht man, dass das ORF-Programmentgelt nur
ein Teil der Rundfunkgebühren ist! Ist man nicht dazu verpflichtet Rundfunkgebühren zu zahlen, nämlich dann wenn man kein Empfangsgerät besitzt (z.B. TV oder Radio), muss man klarerweise auch kein Programmentgelt zahlen.
Und hier wird die Gesetzeslage auch etwas lächerlich. Wenn man zum Beispiel auf dem höchsten Berg oder in der tiefsten Höhle gänzlich ohne eine Art von Rundfunkempfang wohnt, aber aus irgendeinem Grund einen TV oder Radio hat, muss man
trotzdem Rundfunkgebühren zahlen. Man kann sich aber vom Programmentgelt befreien lassen. Das durchzuboxen ist aber ein anderes Kapitel denn das glaubt einem niemand
.
8. Ich hab gehört ich muss sowieso immer Gebühren zahlen, weil es zumutbar ist, dass ich mir jederzeit ein Empfangsgerät kaufen oder bestehende Hardware upgraden kann.Das ist falsch. Ich beziehe mich hier wieder auf das RGG §2. Man wird gebührenpflichtig sobald man ein Empfangsgerät
besitzt, und nicht schon dann, wenn man potentiell Zugang dazu hat. Wenn man argumentiert "ich könnte bestehende Hardware jederzeit upgraden und muss daher von Haus aus Gebühren zahlen", müsste man bereits für den Besitz eines Toasters Gebühren zahlen, denn man könnte ja den Toaster zum Radio umbauen. Was immer wieder hervorgebracht wird, sind Geschichten
¹ ² die davon handeln, dass der Kauf einer simpliTV-Box laut Gerichten durchaus ein zumutbarer Aufwand ist. In diesen Fällen wurde immer darum gestritten, ob das ORF-Programmentgelt von der betroffenen Person zu zahlen ist. Diese Personen waren bereits vor und während den Verhandlungen durch Besitz einer Empfangseinrichtung rundfunkgebührenpflichtig und wollten darum streiten, ob sie den Programmentgelt-Anteil davon zahlen müssen (Programmentgelt: s. o.).
9. Ich habe alle Empfangsgeräte entfernt. Wie melde ich mich ab?Zur Abmeldung reicht es, ein
Abmeldeformular auszufüllen und abzuschicken. Es ist nicht nötig, mit jemandem von der GIS zu sprechen, wann welche Empfangsgeräte entfernt oder unschädlich gemacht wurden. Auch Beweisfotos sind vergebene Liebesmüh oder wenn von der GIS "angeordnet" bloß Schikane. Wenn man sich trotz vorhandenem Empfangsgerät abmeldet, macht man sich klarerweise wieder strafbar was auch im Formular nochmals zu lesen ist.
10. Wie seht es mit IPTV aus?Der sich gegen die GIS wehrende Hausverstand sagt einem, dass IPTV in Verbindung mit einem Public Viewing Display nicht gebührenpflichtig sein könnte, denn man besitzt ja gar kein klassisches Rundfunkempfangsgerät. RGG § 1 bezieht sich für die Definition für "Rundfunk" auf die im
Bundesgesetzblatt wo es heißt
Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw. längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen.
Klarerweise ist in diesem Text nichts von Modulationen, Kodierungen, OSI-Schichten und IP-Paketen zu lesen, in die die Bilder von IPTV verpackt sind. Trotzdem wird IPTV durch elektromagnetische Schwingungen über einen Leiter übermittelt -- inklusive dem restlichen Internetverkehr der ja bekanntlich in den meisten Fällen nichts mit Rundfunk zu tun hat und auch nicht von IPTV unterschieden werden kann (zumindest nicht leicht).
Fazit: Rechtlich nicht definiert. Kommt es zu einem Rechtsstreit zw. einem Rundfunkteilnehmer und der GIS muss ein Richter/Sachverständiger entscheiden, ob IPTV die Definition für "Rundfunk" erfüllt oder nicht. Im Zweifelsfalls muss ich daher leider den Rat geben, dass man durch IPTV-Empfang gebührenpflichtig wird, denn der Einsatzzweck von IPTV-"Empfängern" ist ziemlich eindeutig und einseitig: Fernsehen.