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Ladehemmung

mat 27.02.2007 38607 81
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Sozusagen ein Testplattenfest!
Wer kennt es nicht? Das schier endlose Warten, verursacht durch langsame Festplattenzugriffe. Egal ob es sich um die Installation des Betriebssystems, die Verwendung des eben genannten oder die Ladezeiten zwischen Level-Sprüngen in Spielen handelt; oft sind langsame Festplatten der Verursacher von so manchem grauen Haar.

Festplatten stellen heutzutage eindeutig den Flaschenhals in PC-Systemen dar und egal wieviel (bzw. wie schnellen) Arbeitsspeicher man ihnen auch verpasst, altmodische HDD-Techniken haben Einfluss auf die gesamte Performance. Folgender Artikel handelt von ebendiesen Ladezeiten und davon, welche Festplatten bzw. Festplattenkombinationen Abhilfe schaffen könnten oder andererseits eine reine Geldverschwendung sind.


Testsetup



Für unsere Tests haben wir uns für jeweils zwei Western Digital Platten entschieden: die WD2500YS (7200 RPM), oder auch Caviar RE16 genannt, und die berüchtigte WD1500ADFD (10000 RPM), auch unter dem schneidigen Namen „Raptor“ bekannt. Beide Platten hören auf SATAII und sind mit 16 MB Cache ausgestattet.

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2 Raptoren in ihrem Käfig
Unser Testsystem ist ein AMD x2 5200+, der auf einem M2N32 WS Professional, einem Workstation Mainboard von Asus, sitzt und mit 1 GB Arbeitsspeicher ausgerüstet ist. Nun zur interessanten Frage: Was kostet das Ganze, und was bekommt man dafür? Um eine Caviar zu erstehen, legt man momentan ungefähr 80 Euro auf den Ladentisch, eine Raptor kommt hingegen auf heiße 230 Euro – ein Preisunterschied, der sich gewaschen hat!

Diese Feststellung reicht uns aber nicht! Wir wollen nicht nur zwei unterschiedliche Platten auf Herz und Nieren testen, sondern gleichzeitig auch die jeweils passenden RAID-Lösungen: 0 (Striping) und 1 (Mirroring) unter die Lupe nehmen. Für beides benötigt man zwei Platten desselben Typs sowie den passenden RAID-Controller, der schon seit längerem auf jedem Mainboard gefunden werden kann. Wir haben also Kombinationen von 80 bis 460 Euro, die wir mit unterschiedlichen Tests auf Sinnhaftigkeit für Gamer überprüfen. Dafür haben wir vier Spiele ausgewählt, die Ladezeiten von fünf Sekunden bis weit über eine Minute benötigen:
  • FarCry
  • F.E.A.R.
  • Quake 4
  • Serious Sam 2
Jeder Test wurde mit der zurzeit aktuellsten Version des Spiels und mit maximalen Einstellungen durchgeführt sowie in möglichst komplexen Levels gestartet, um die Festplatten so dreist wie möglich zu beanspruchen. Zusätzlich haben wir ein Szenario bereitgestellt indem ein 200 und ein 700 MB Archiv per WinRAR 3.62 entpackt wird, ein Test der auch interessante Fakten liefern könnte.

Weiter gehts zur heiklen Konfiguration unserer Raid Arrays..

Konfiguration der Platten



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Auswahl der Stripe Size
Die Konfiguration der Raids gestalteten wir konservativ. Als Stripe Size wurde für die Vergleichstests 64 KB ausgewählt, eine der Größen die für Raid 0 empfohlen wird um die Platzierung größerer Dateien auf den benutzten Datenträgern möglichst geordnet ablaufen zu lassen. Bei einer kleineren Stripe Size, die wir später in diesem Artikel gegenüberstellen werden, ist die Chance auf eine negativ auswirkende Verteilung höher. Dieser Effekt verstärkt sich bei Stripings über mehr als zwei Platten.

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Formatierung
Ebenfalls ausschlaggebend ist die Clustergröße, mit der ein Datenträger formatiert wird. Microsoft selbst rät bei NTFS zu Zuordnungseinheiten in der Größe von 4 KB, unabhängig vom insgesamten Datenträgervolumen. Für unsere Vergleichstest gingen wir mit diesen Einstellungen konform, haben aber ebenfalls auch herumgespielt um die Performance von einer, zur Stripe Size passenden, Clustersize messen zu können.


Auf der nächsten Seite müssen sich die genannten Festplatten einem HD Tach Benchmark stellen..

HD Tach Benchmarks



Zuerst die einzelnen Platten:
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Caviar
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Raptor
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Caviar VS Raptor
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Raptor Raid 0
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Raptor Raid 1
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Raptor VS Raptor Raid 0
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Caviar Raid 0
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Caviar Raid 1
 

Weiterführend werden wir die Benchmarks kurz auseinandernehmen und dann zum Praxistest übergehen..

Zur Praxis



Benchmark = Praxis?

Wir sehen deutlich, dass die Benchmarks aufdecken, dass sich die höheren Kosten auf den ersten Blick rentieren. Die durchschnittliche Lesegeschwindigkeit, welche beim Ladevorgang eines Spiels ein wichtiger Bestandteil ist, beträgt bei einer einzelnen Raptor ungefähr 78 MB/s, beim RAID 0 werden sogar 118 MB/s erreicht - die Caviar ist weit abgeschlagen mit 55 MB/s. Die Schreibgeschwindigkeiten zeigen ein ähnliches Muster auf.


Nur welche Auswirkungen haben diese Rohgeschwindigkeiten wirklich? Ist ein Raid 0 wirklich mehr als doppelt so schnell wie eine Caviar?

Testparameter

Wie schon erwähnt haben wir vier Spiele vorbereitet. Die Spiele wurden dabei auf der Basisplatte unseres Testsystems installiert und dementsprechend isoliert um rein auf den Datenträgern laufen zu können. Die Daten wurden danach 1:1 auf das Testziel kopiert und defragmentiert um bei jeder Testkombination dieselben Voraussetzungen zu schaffen. Zuletzt wurde mit Hilfe von O&O Defrag 8.5 per "Stealth" defragmentiert und abschliessend neu gestartet.

Frisch hochgefahren und mit deaktiviertem Virenschutz wurde jedes genannte Spiel mit den unten aufgelisteten Einstellungen gestartet und per Stopuhr die Ladezeit gemessen. Nach einem kompletten Durchgang wurde nochmals gestartet und wiederholt gemessen um diversen Schwankungen einen schönen Mittelwert zu geben. Bei Problemfälle wie F.E.A.R. wurde sogar das Mittel aus drei Messwerten gebildet - die unterschiedlichen Ladezeiten bei haargenau denselben Parametern verblüffen uns heute noch.

Hier die genauen Testparameter, die wir für unseren Praxistest gewählt haben:

Allgemein:
Auflösung: 1280x1024
Grafik: Alle grafischen Konfigurationsmöglichkeiten wurden stets auf das Maximale ausgeschöpft.

FarCry:
Version: Patch 1.4, Build 1405
Level: Fort, Plattform vor dem Eintritt in den Bunker

F.E.A.R.:
Version: 1.0.8 Retail (UK)
Level: The Vault, 2 Sekunden bevor Paxton Fettel den Löffel abgeben muss

Quake 4:
Version: 1.3
Level: 1 [Intro + Level 1]
Grafik: Ultra Quality

Serious Sam 2:
Version: Patch 2.070
Level: Kapitel 2, Verlassenes Lager

Ab zu den Zahlen..

Die Ladezeiten



farcry.png

fear.png

quake 4.png

ss2.png


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Ein Bild das sich eingebrannt hat!
Wie Sie sehen, fällt der Praxistest hier nicht mehr so gut für die Raptoren aus. Zwar können sie sich meist von ihren billigeren Kollegen absetzen, das Preis/Leistungs-Verhältnis kann es jedoch nicht. Einzig und allein das Raptor RAID 0+, ein RAID 0 mit Stripe-Size von 4 KB statt den normalerweise angewandten 64 KB, kann sich in fast allen Tests deutlich von seinen Konkurrenten absetzen. Diese kleine Stripe Size kann sich allerdings bei anderen Festplattenoperationen im täglichen Gebrauch negativ auswirken. Zwar konnten wir dieses Verhalten nicht messen, dennoch sei je nach Anwendungsbereich des Systems davor gewarnt!

Ebenfalls ersichtlich ist das schlechte Abschneiden der Raidvarianten mit der billigeren Caviar. Diese hinken bei jedem Test hinterher und bringen trotz doppelter Kosten keine Ersparnis an Ladezeit mit sich.


Als nächster nehmen wir uns die Raptoren im Raid 0 noch einmal vor, diesmal mit unterschiedlichen Stripe Sizes..

Ladezeiten und Stripe Sizes



Diese Ladezeiten wurden mit einem Raptor Raid 0 mit 3 unterschiedlichen Stripe Sizes gemessen. Den empfohlenen 64 KB, der kleinstmöglichen Größe 4 KB und der mittleren Einstellung 16 KB.

farcry_stripe.png

fear_stripe.png

quake 4_stripe.png

ss2_stripe.png


Hier ist ersichtlich, dass ein Raid 0 mit 4 KB Stripe Size, das wir vorhin nicht zu unrecht als Raid 0+ bezeichnet haben, bei unseren ausgewählten Spielen nochmal so richtig einheizen kann. Das bedeutet, dass man trotz der allgemein ausgesprochenen Empfehlung für 64 KB, für Spiele kleinere Strip Sizes verwenden sollte um die maximale Performance aus seiner Investition herauszuholen.

Bevor wir Ihnen zeigen welche Resultate wir bei einer alltäglicheren Tätigkeit erzielen konnten - dafür haben wir das Extrahieren von Dateien mit Hilfe von WinRAR ausgewählt - möchten wir noch aufzeigen wie sich unterschiedliche Clustergrößen bei unserem Raptor Raid 0 auswirken..

Die Ladezeiten und Clustergrößen



Die folgenden Werte wurden mit unserem Raptor Raid 0 und einer Stripe Size von 16 KB ermittelt. Mit diesem Test wollten wir überprüfen, ob eine Abweichung der standardmäßigen Clustergröße (NTFS => 4 KB) sinnvoll ist. In unserem Beispiel versuchen wir diese an unsere Stripe Size von 16 KB anzupassen:

farcry_cluster.png

fear_cluster.png

quake 4_cluster.png

ss2_cluster.png


Obwohl es ersichtlich ist, dass F.E.A.R. mit einer Clustergröße von 4 KB schneller zu sein scheint, sind wir uns da nicht so sicher. F.E.A.R. gab uns - wie zuvor beschrieben - sehr unterschiedliche Werte zurück und ist damit, wie auch von seinen Grafikbenchmarks bekannt, als Sonderling zu verstehen, der keine akkuraten Ergebnisse liefert. Der hier verzeichnete Wert enstand aus einem Durchschnitt von 3 Benchmarkdurchgängen.

Theoretisch garantiert eine, der Stripe Size angepasste, Clustergröße keinen Geschwindigkeitsvorteil - die Stripes des Raids überlappen nicht mit den vom Filesystem verarbeiteten Clustern. Wir raten daher die Größen nicht zwangsweise übereinzustimmen und die Clustergröße sowie die Stripe Size abhängig von der vorgesehenen Anwendung zu konfigurieren. Das wäre bei einem Gamersystem der Defaultwert von 4 KB, bei Storagelösungen, je nach durchschnittlicher Dateigröße, die altbekannten größeren Auswahlmöglichkeiten.

Als nächster betrachten wir, wie zuvor versprochen, eine Reihe von WinRAR-Benchmarks..

WinRoooaaaarr



Übersicht all unserer Testplatten:

winrar [200].png

winrar [700].png


Raptor Raid 0 mit unterschiedlichen Stripe Sizes:

winrar [200]_stripe.png

winrar [700]_stripe.png


Jeder ermittelte Wert wurde aus dem Durschnitt von 3 Messungen ermittelt um diversen Schwankungen vorzubeugen. Zwischen den einzelnen Durchgängen wurden die Sektoren der Platten komplett mit unseren Testdaten überschrieben um jedem Benchmark dieselben Testbedingungen zu ermöglichen.

Aus den Graphen geht schnell hervor wer sich als Preis/Leistungssieger herauskristallisieren kann - die einzelne Raptor. Wir konnten unseren Augen nicht trauen welche Ergebnisse sie beim Entpacken eines 700 MB Files enthüllte und wie gering die Unterschiede zu den Raidversionen war. Doch daran gibt es nichts zu Rütteln, das Verarbeitungsoverhead des Raids wird die praktische Schreibgeschwindigkeit gegenüber einer einzelnen Festplatte beträchtlich gesenkt, egal ob Raptor oder Caviar.

Nach dieser kleinen Ernüchterung kann es nur mehr ein logisches Fazit geben..

Fazit



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Quake 4 - Ultra Quality!
Warum bringt ein RAID nicht mehr Performance? Die Antwort darauf verbirgt sich nicht nur im RAID-Controller, der für die Abarbeitung der Operationen zusätzlich von der Zugriffszeit nascht – nein, auch Spiele an sich können daran „Schuld“ haben. Reine Lesegeschwindigkeit ist beim Laden und gleichzeitigen Verarbeiten einer Ressource für Spiele nicht ausschlaggebend genug. Spieleentwickler müssen sich zudem genau überlegen, welche Daten von der Festplatte gelesen werden müssen und welche generisch beim Ladevorgang errechnet werden. Gleichzeitig entscheidet die Art und Weise der Ressourcenablage, zum Beispiel Texturen oder Meshes, über die Verwendung der Vor- bzw. Nachteile von den entsprechenden Festplatten. Besteht das Level beispielsweise aus vielen kleinen Dateien, oder wird es aus einer großen Archivdatei herausgeholt? Auch die Synchronisierung der Zugriffe mischt mit – eine Raptor und besonders ein RAID-Array kann hardwaremäßig mehrere Lesezugriffe schneller abarbeiten. Diese Tatsache passt sehr gut zu den aktuellen Multicore CPUs und leistet hervorragende Arbeit bei Multithreading-Applikationen. Das klingt zwar schön, ist in der Praxis jedoch leider kaum zu beobachten. Sowohl Spiele, deren Ladevorgang nicht auf diese Vorteile optimiert ist, als auch Desktopanwendungen können von diesen Faktoren nicht profitieren; der hohe Preis erledigt hier den Rest.


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Wanna kill some time?
Daher auch das logische Fazit: Für sinnvoll erachten wir eine einzelne Raptor, die einem aktuellen Gamingsystem mit dem nötigen Kleingeld noch die richtige Würze verschaffen kann. Neben einem Geschwindigkeitsschub beim Booten werden auch Wartezeiten beim Starten/Laden von Anwendungen und Spielen verkürzt. Weniger attraktiv halten wir das Preis-Leistungsverhältnis von RAID-Arrays. Aber bitte nicht falsch verstehen: wir wollen niemandem ein RAID ausreden! Es gibt genügend Vorteile, die ein RAID-Array für Desktopbenutzer rechtfertigen. Zum Beispiel die Datensicherheit von RAID 1 mit einer gleichzeitigen Steigerung der Lesegeschwindigkeit. Nur sollte hier die redundante Datenspeicherung im Vordergrund stehen, die für den durchschnittlichen Gamer leider eher selten notwendig sein wird. Daher: Gamer benötigen kein RAID-Array; weder mit billigen noch mit sündhaft teuren Festplatten!

Award!



Zum Abschluss des Artikels wollen wir unseren ersten Award vergeben, und zwar einen wirklich verdienten:

western digital raptor wd1500 adfd.gif

Western Digital Raptor WD1500 ADFD (150 GB)
editor Award
Noch immer die beste Festplatte im Consumerbereich




Ein herzliches Dankeschön geht an die Firma Ditech, die uns die benötigten Festplatten zur Verfügung gestellt hat.

ditech.png
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